Madrid verloren, Barcelona gehalten

Carmena muss Rechtsbündnis weichen, Colau in Kataloniens Metropole wieder gewählt

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.

»Der Frühling des Wandels schlägt nur Wurzeln in Barcelona, Valencia und Cádiz.« So fällt das ernüchternde Fazit der Zeitung »Público« aus, nachdem die Bürgermeister im Gefolge der Kommunalwahlen vom 26. Mai am vergangenen Wochenende von den Gemeinderäten gekürt wurden. »Público« steht der 2014 rund um die Empörten-Bewegung gegründeten Linkspartei Podemos nahe. Formationen rund um Podemos hatten es vor vier Jahren geschafft, wichtige Städte wie die Hauptstadt Madrid einzunehmen, aber auch Barcelona, Valencia, Saragossa, Cádiz und Pamplona.

Ob Barcelona wie von »Público« aufgeführt noch in die Liste übrig gebliebener links regierter Städte gehört, ist dortselbst umstritten. Ines Sabatés ist »entsetzt«, dass sich Colau von den Sozialdemokraten (PSC) und mit Stimmen der rechten Liste des ehemaligen französischen Regierungschefs Manuel Valls gegen den Kandidaten der Republikanischen Linken (ERC), Wahlsieger Ernest Maragall, wählen ließ. Denn hinter Valls steht die national-neoliberale Ciudadanos (Cs, Bürger), die mit allen Mitteln verhindern wollte, dass eine Unabhängigkeitspartei wie die ERC Barcelona regiert. Colau hatte anfangs versprochen, sich unter keinen Umständen mit Stimmen von der Valls-Liste wählen zu lassen.

Tausende protestierten vor dem Rathaus am Samstag gegen das Vorgehen von Colau. Sabatés war zwar nicht darunter, sie glaubt aber, dass weitere Unterstützer sich von Colaus Formation abwenden werden. Schon 2019 erhielt sie trotz der deutlich höheren Wahlbeteiligung 20 000 Stimmen weniger als 2015. Vor allem im Bereich explodierender Mieten, Zwangsräumungen und Obdachlosigkeit wurde viel mehr erwartet, denn Colau war einst Präsidentin der Vereinigung gegen Zwangsräumungen. Heute gibt es mehr Obdachlose als 2015 in Barcelona und die Zahl der Räumungen ist weiter hoch.

Auch in Madrid war die Cs entscheidend. Ihr ist es zu verdanken, dass die Linke Madrid verloren hat. In der Hauptstadt paktieren die Cs mit der konservativen Volkspartei (PP) und der rechtsextremen VOX, weshalb die PP den Bürgermeister stellt. Beigetragen dazu hat auch der erratische Podemos-Kurs. Statt erneut gemeinsam mit der Ex-Bürgermeisterin Manuela Carmena anzutreten, wurde eine eigene Liste aufgestellt. 43 000 Stimmen (2,6 Prozent) gingen so für Carmena verloren. Die fehlten ihrer Liste »Mehr Madrid«, die mit 31 Prozent klar gewonnen hat. Die relativ erfolgreiche Carmena hinterlässt den Rechten einen sanierten Haushalt. Sie hat ohne Einschnitte ins Sozialsystem die Schulden um fast 3,2 Milliarden gesenkt, was beachtlichen 54 Prozent entspricht.

Dass es Bündnisse von PP und Cs mit VOX in mehreren Städten gab, sodass linke Bürgerkandidaturen wie in Saragossa oder Granada die Stadtregierung an die Rechten abgeben mussten, könnte Folgen für die Cs haben. Der französische Staatschef Emanuel Macron drohte mit dem Abbruch der Kooperation, da für ihn Pakte mit Rechtsextremen wie VOX unerträglich sind. Seine Staatssekretärin Amélie de Montchalin fordert eine Erklärung von den Cs-EU-Parlamentariern. Es könne in Bezug auf die »Zusammenarbeit mit der extremen Rechten keine Kompromisse geben.« Im EU-Parlament droht der Cs der Rauswurf aus der Fraktion der Liberalen.

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