Über eine Million Euro für Sea-Watch

Spendenaktionen für Seenotretter und festgenommene Kapitänin Carola Rackete

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Bei Spendenaktionen zugunsten der Flüchtlingsrettungsorganisation Sea-Watch und der in Italien festgenommenen Kapitänin Carola Rackete sind mehr als eine Million Euro zusammengekommen. Ein Spendenaufruf der TV-Moderatoren Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf auf der Internetseite leetchi.com brachte bis Montagmorgen mehr als 700.000 Euro. Mehr als 25.000 Menschen spendeten Geld. Eine in Italien gestartete Sammelaktion erbrachte bislang Spenden in Höhe von mehr als 410.000 Euro.

Der 31-jährigen Rackete drohen in Italien bis zu zehn Jahre Gefängnis. Die deutsche Kapitänin war in der Nacht zum Samstag festgenommen worden, nachdem sie ihr Schiff »Sea-Watch 3« mit 40 Migranten an Bord trotz des Verbots der italienischen Behörden in den Hafen der Mittelmeerinsel Lampedusa gesteuert hatte.

Racketes Festnahme hat in Deutschland Empörung hervorgerufen. So kritisierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Vorgehen der italienischen Behörden. Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte Außenminister Heiko Maas (SPD) auf, zugunsten der Kapitänin aktiv zu werden. Das gelte besonders »mit Blick auf die unverständliche Handhabung, dass Carola Rackete unter Hausarrest gestellt wurde und nur Kontakt zu ihren Anwälten haben darf«, sagte Baerbock der »Welt«.

Oh Captain! My Captain!
Große Solidarität mit der festgenommenen »Sea-Watch«-Kapitänin Carola Rackete

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) forderte eine schnelle Reaktion der EU. »Die «Sea-Watch»-Kapitänin hat in einer absoluten Notlage gehandelt. Deswegen erwarte ich, dass Brüssel hier ein deutliches Signal sendet und die sofortige Freilassung einfordert«, sagte Müller im Interview der »Passauer Neuen Presse«.

Müller vertrat zudem die Ansicht, die EU müsse eine neue europäische Sofortregelung zur Seenotrettung im Mittelmeer beschließen. »Ausgerechnet jetzt überlässt die EU die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer ihrem Schicksal und beendet die Mission Sophia«, sagte Müller. Dies sei »ein unerträglicher Zustand angesichts von fast 600 Ertrunkenen im Mittelmeer allein dieses Jahr«.

Heuchelei
Fabian Hillebrand über die Festnahme von Carola Rackete

Die französische Regierung warf Rom derweil eine »Strategie der Hysterisierung« vor. Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye sagte im Sender LCI, der italienische Innenminister Matteo Salvini würde die Flüchtlingskrise »instrumentalisieren«. Der Politiker der rechtsradikalen Lega werfe Frankreich und der EU mangelnde Solidarität vor. Dabei habe Italien im Zuge der Flüchtlingskrise rund eine Milliarde Euro Unterstützung der EU erhalten, sagte Ndiaye.

Wie es langfristig für Sea-Watch weitergeht, ist unklar. Vorerst verliert die Organisation ihr Rettungsschiff - nicht das erste Mal. Am Samstag wurde es aus dem Hafen von Lampedusa gefahren und sollte dem Innenminister zufolge in einen anderen Hafen gebracht werden. Der Kapitänin drohen mehrere Anklagen, unter anderem wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung und Verletzung des Seerechts.

Ihrem Vater Ekkehart zufolge ist Rackete aber »lustig und guter Dinge«. Das sagte der 73-Jährige dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. »Sie steht unter Hausarrest in Lampedusa und ist bei einer sehr netten Dame untergebracht, die sich rührend um sie kümmert.« Ekkehart Rackete rechnet damit, dass seine Tochter gegen Auflage oder Kaution bis zu einem möglichen Prozessbeginn freikommt. Agenturen/nd

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