Urwahl segnete neue Regierung ab

Grünen-Basis in Brandenburg stimmte mit 90,8 Prozent für die Koalition mit SPD und CDU

Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher ringt am Montagnachmittag mit den Tränen, aber weil sie gerade die Nachricht vom Tod eines nahen Freundes erhalten hat. Über das Ergebnis der Urwahl über den Koalitionsvertrag mit SPD und CDU kann sie sich freuen. 1942 Parteimitglieder durften sich an der Urwahl beteiligen, 1144 haben es getan. 1007 segneten den ausgehandelten Koalitionsvertrag ab, 74 waren dagegen und 28 enthielten sich. Das bedeutet eine Zustimmung von 90,8 Prozent.

Zugleich durfte die Basis sagen, ob sie damit einverstanden ist, dass Ursula Nonnemacher Sozialministerin wird und ihr Co-Fraktionschef Axel Vogel Umweltminister. 92,4 Prozent waren dafür.

Parteitage der SPD und der CDU hatten dem Koalitionsvertrag bereits am Freitagabend beziehungsweise am Sonnabend durchgewunken. Der Koalitionsvertrag soll an diesem Dienstag unterschrieben werden. Am Mittwoch soll der Landtag Dietmar Woidke (SPD) wieder zum Ministerpräsidenten wählen. Im Anschluss ernennt er die Minister, die dann gleich im Parlament vereidigt werden.

»Ich freue mich sehr über dieses Ergebnis. Das ist ein Zeichen des Optimismus«, kommentierte die Grünen-Landesvorsitzende Petra Budke das Ergebnis der Urwahl.

Die Auszählung hatte am Montag um 9.30 Uhr in der Landesgeschäftsstelle der Grünen beginnen sollen. Es gab eine kleine Verzögerung. In der Potsdamer Jägerstraße warteten alle auf Ulli Reichardt, den Referenten für Öffentlichkeitsarbeit. Mit einem Lastenrad war er zur Post gefahren, um die letzten Briefwahlscheine vom Wochenende aus dem Postfach abzuholen. Endlich war er da. Es hatte sich gelohnt. Er brachte noch eine kleine Kiste voll mit Briefen mit.

Reichardt und Pressesprecherin Annette Weiß warfen diese Briefe in eine der drei Wahlurnen, in denen die eingehenden Briefe in den zurückliegenden Tagen in der Geschäftsstelle gesammelt wurden. Dann prüfte Berlins Ex-Justizsenator Wolfgang Wieland (Grüne) die Unversehrtheit der Siegel, die er am 5. November eigenhändig angebracht hatte. Alles hatte seine Ordnung. Auf Wielands Kommando schnitt Reichardt die als Siegel dienenden Plastikbändchen durch. Die beiden Männer kippten den Inhalt der Urnen auf einen Tisch. Jemand hatte auf seinem Umschlag einen Aufkleber mit der tschechischen Zeichentrickfigur »Der kleine Maulwurf« angebracht. »Kohle im Boden lassen« stand dazu eine Parole gegen den fossilen Brennstoff.

Die Umschläge wurden mit Brieföffnern aufgeschlitzt. Es dauerte eine ganze Weile, ehe sich bei der Auszählung eine Tendenz erkennen ließ. Denn mehrere Zweierteams prüften erst einmal die beigelegten eidesstattlichen Erklärungen. Waren diese korrekt, wanderten die extra eingetüteten Urwahlscheine zurück in eine Wahlurne. Erst als das erledigt war, wurde ausgezählt. So ließen sich die Stimmen nicht mehr zuordnen und das Wahlgeheimnis blieb gewahrt.

Wieland überwachte den Vorgang als neutrale Persönlichkeit, da er mit Brandenburg nichts zu tun hat - nicht mehr. Denn bei der Landtagswahl 2004 hatte der Berliner in Brandenburg als Spitzenkandidat ausgeholfen. »Das ist lange her«, winkte er ab. Damals zählte der Landesverband Brandenburg nur ein paar Hundert Mitglieder. Viele der neuen Mitglieder heute kennen diese alte Geschichte nicht. Mit Spitzenkandidat Wieland konnten sich die Grünen seinerzeit nur leicht von 3,3 auf 3,6 Prozent verbessern und scheiterten wieder einmal an der Fünf-Prozent-Hürde. »Seit ich weg bin, läuft es besser«, schmunzelte Wieland am Montag. Mit 10,8 Prozent fuhren Brandenburgs Grüne bei der Landtagswahl am 1. September 2019 ihr Rekordergebnis ein. »Nun können sie sogar Regierungspartei werden«, freute sich Wieland über die positive Entwicklung.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal