Pedro Sánchez muss sich positionieren

Katalanische Republikanische Linke fordert von Spaniens Ministerpräsidenten die Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes

  • Ralf Streck
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Ansage ist klar: Ohne Amnestie kann es keinen politischen Dialog geben. So lautet die Botschaft der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) an Spaniens geschäftsführenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez von der sozialdemokratischen PSOE. Grundsätzlich hat die ERC am vergangenen Samstag auf ihrem Parteikongress den Weg für weitere Verhandlungen mit Sánchez freigemacht, die nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Fall des ERC-Vorsitzenden Oriol Junqueras eingefroren wurden. Laut des EuGH ist der inhaftierte Junqueras von Spanien zu Unrecht an der Aufnahme seines Mandats als Europaabgeordneter gehindert worden.

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Die ERC wartet auf klare Zeichen. Zunächst wird die Stellungnahme des Juristischen Dienstes des Staates zum Urteil abgewartet. Wird das Urteil nicht anerkannt und die Freilassung von Junqueras nicht gefordert, sind die Verhandlungen in der Sackgasse. Spanien dürfte dann kaum noch an den fünften Neuwahlen in fünf Jahren vorbeikommen. Denn die ERC ist zentral in der Frage, ob es Pedro Sánchez gelingt, nach den zweiten Neuwahlen 2019 im kommenden Jahr eine Regierung bilden zu können.

Die Signale aus der Regierung in Madrid sind derzeit widersprüchlich. Einerseits hat die geschäftsführende Vize-Ministerpräsidentin Carmen Calvo am Samstag erklärt, dass Spanien das Urteil umsetzen müsse: »Der Gerichtshof in Luxemburg ist auch ein Gericht für Spanier«, sagte sie. Allerdings verweigert sich die Staatsanwaltschaft der Freilassung von Junqueras und will ihm den Status als Europaparlamentarier aberkennen. Die Staatsanwaltschaft ist in Spanien ein Ministerium und eng mit der Regierung verbunden.

Auch wenn die Regierung das EuGH-Urteil umsetzt, werden die Verhandlungen nicht einfach. Die ERC hält nach den Beschlüssen auf dem Kongress an einem Unabhängigkeitsreferendum fest. Sie distanziert sich auch nicht von einseitigen Schritten, wie die einseitige Durchführung einer Abstimmung und der Ausrufung der Republik im Oktober 2017.

Insgesamt steht die spanische Justiz in einem schlechten Licht da, denn in Luxemburg wurde geurteilt, dass sie die Axt an grundlegenden Rechten von Parlamentariern und damit an die Demokratie selbst angesetzt hat. Denn sie hat nicht nur verhindert, dass Junqueras seinen Sitz im Europaparlament einnehmen kann, sondern mit Tricks wurde das auch im Fall von Exilpräsident Carles Puigdemont und dem früheren Minister Toni Comín unterbunden, die für die Liste Junts per Catalunya/LLiures per Europa (Gemeinsam für Katalonien, Freie für Europa) in das EU-Parlament gewählt wurden.

EU-Parlamentspräsident David-Maria Sassoli versucht, die Dinge gerade zu rücken. Er forderte von Spanien, das EuGH-Urteil umzusetzen und hob zudem das Veto gegen Puigdemont und Comín auf, das sein Vorgänger Antonio Tajani verfügt hatte. Sassoli hat derweil den juristischen Dienst des Parlaments beauftragt, zu prüfen, »welche Auswirkungen das Urteil auf die Zusammensetzung unseres Parlaments haben wird«.

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Da sich das Europaparlament in die spanische Repressionspolitik einbinden ließ, wurde es ebenfalls aus Luxemburg abgewatscht. Am Freitag entschied der EuGH, dass das Veto gegen Puigdemont und Comín unhaltbar war. »Es ist ein Tag der Freude, nicht nur für uns, sondern für all die, die an ein Europa glauben, dessen Grundlage der Wille seiner Bürger ist«, erklärte Puigdemont, nachdem er seinen vorläufigen Parlamentspass erhalten hatte. »Das ist der Beweis, dass es sich lohnt, zu kämpfen«, sagte er beim Verlassen des Parlaments. Ihre Akkreditierung beim EU-Parlament soll nun Anfang Januar abgeschlossen sein. Dann gibt es die endgültigen Parlamentspässe.

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