Dresden so schlecht wie noch nie

  • Jens Maßlich, Nürnberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Für Kevin Broll werden es keine unbeschwerten Feiertage. »Ich werde sicherlich nicht bis zum neuen Jahr eine Auszeit nehmen oder auf andere Gedanken kommen. Dafür bin ich zu arg Fußballer und liebe den Sport zu sehr. Du kannst mit dem ganzen Scheißdreck nicht abschalten«, schimpfte der Torwart von Dynamo Dresden nach dem 0:2 beim FC Nürnberg.

Es war zugleich die elfte Saisonniederlage, noch nie war eine Dresdner Mannschaft in der 2. Fußball-Bundesliga schlechter als in dieser Spielzeit. Mit nur 13 Punkten überwintert Dynamo am Tabellenende, kann selbst mit einem Sieg zum Rückrundenstart Ende Januar die Rote Laterne nicht abgeben. Broll wollte nach dem Spiel eigentlich gar nichts sagen, war sichtlich angefressen. Dann fand er dennoch deutliche Worte - vor allem in Richtung seiner Mannschaftskollegen. »Wir müssen schauen, dass wir im neuen Jahr guten Mutes wieder an die Sache rangehen, einfach auch die Eier in der Hose haben jeden Tag, jede Minute, in jedem Trainingsspiel - und wenn es nur zum Duschen geht, scheißegal«, erklärte er und forderte einen Mentalitätswandel: »Nur mit guten Jungs kommst du nicht viel weiter.«

Am 3. Januar versammelt Trainer Markus Kauczinski seine Mannschaft zum Trainingsauftakt im »Großen Garten«. Die rund dreieinhalbwöchige Wintervorbereitung startet mit einem Laufbandtest am 6. Januar. Bis dahin solle jeder »jeden Tag bis zum Trainingsstart mehrmals in den Spiegel gucken und sich fragen, ob er alles gegeben hat. Wenn ich hier Leute sehe, die nicht auf dem Platz stehen, und mehr Emotionen zeigen, als vielleicht manche auf dem Platz.«, unterbrach Broll seine Wutrede, um letztlich nichts Falsches zu sagen. Dresdens Schlussmann ist der Einzige, der während der vergangen 18 Spieltage konstant gute Leistungen brachte. Seine Wut ist verständlich. Auch auf den Rängen ließen die Dynamo Fans ihrem Frust freien Lauf. Nach der Pleite in Nürnberg geigten sie ihrer Mannschaft gehörig die Meinung. »Wir sind Dynamo und ihr nicht« war noch das Netteste, was sie ihnen entgegneten. Auch einige Bierbecher flogen in Richtung der Dynamo-Kicker.

»Wir sind danach in die Kurve, weil sich das gehört«, erklärte Kauczinski auf der Pressekonferenz noch im Max-Morlock-Stadion. Er könne den Frust über die Leistungen der vergangenen Monate verstehen und erklärt, es sei wichtig, »den Kopf hinzuhalten. Nach so einer Zeit steht man da auch zurecht, wo man steht.«

Auf Jungprofi Ransford-Yeboah Königsdörffer mag die Szenerie dennoch eher bedrohlich gewirkt haben. Der 18 Jahre alte U19-Stürmer feierte vergangenen Freitag sein Profidebüt für Dynamo und wird es wohl nicht in positiver Erinnerung behalten. »Wenn dann noch ein A-Jugend-Spieler das erste Mal da ist, du siehst ihn mit Tränen in den Augen, dann verstehe ich die Welt nicht mehr«, schimpft Broll. »Der Junge ist das erste Mal dabei, muss sich dann solche Beleidigungen anhören, wofür er nichts kann.« dpa

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