Für Tesla geht es um Rendite

Mechthild Schrooten über die Standortwahl des US-Autobauers

  • Mechthild Schrooten
  • Lesedauer: 3 Min.

Es kam wie ein Paukenschlag: Tesla zieht es nach Brandenburg. Bislang ist nichts allzu Konkretes über das Investitionsprojekt öffentlich bekannt. Doch so viel scheint klar: Das Bundesland will Boden verkaufen, um die Ansiedlung des E-Autobauers zu ermöglichen. Das Tempo, mit dem die beiden Vertragsparteien zueinander fanden, ist beachtlich. Noch bevor diese Nachricht die Diskussion um die Eckpfeiler der Mobilitätswende in Deutschland hätte aufmischen können, scheinen die Vertragsverhandlungen zwischen dem Bundesland und der US-Automobilfirma in eine wichtige Phase zu kommen. Der politische Wille scheint groß, zum Gelingen des Investitionsprojektes beizutragen.

Tesla selbst ist weltweit auf Expansionskurs - warum nicht auch in Deutschland? Sollte der neue Standort Wirklichkeit werden, könnte von dort der deutsche und der europäische Markt besser bedient werden. Die Standortentscheidungen des Unternehmens werden gut durchdacht. Investitionen werden dort getätigt, wo hohe Renditen erwartet werden. Offenbar ist dies in Brandenburg der Fall. Während schon von zusätzlichen Arbeitsplätzen rund um Berlin geträumt wird, geht es bei unternehmerischen Entscheidungen im Kern renditeorientiert zu. Besonders hohe Renditen lassen sich in innovativen Märkten erwarten. Diese versprechen den sogenannten »First Mover Advantage«. Anders ausgedrückt: Es gibt dort kaum Konkurrenz. Fehlende Konkurrenz lässt Monopole entstehen. Zwar hat Deutschland eine große und auch wirtschaftlich erfolgreiche Automobilindustrie. Doch die setzt noch stark auf traditionelle Antriebe und bietet nur zögerlich erste E-Autos an.

Anfang 2019 gab es in Deutschland nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes mehr als 47 Millionen Personenkraftwagen. Der Bestand von E-Pkw lag bei gut 83 000. Selbst wenn die Hybridmodelle mitgerechnet werden, ergibt sich ein Anteil von weniger als einem Prozent. Da ist ein riesiges Marktpotenzial. Denn die Mobilitätswende wird in Deutschland regelmäßig auf eine »Antriebswende« reduziert. Das sichert die Markt- und Machtposition der Autohersteller ab. Gleichzeitig findet eine Entwertung der bisherigen Antriebstechniken statt. Das nennt Joseph Schumpeter »schöpferische Zerstörung« - sie liefert den Unternehmen die Grundlage für zukünftige Renditen. Genial - aus Sicht von Unternehmen. Das hat sich offenbar auch Tesla gedacht. Weitere alternative Mobilitätsformen und Antriebstechniken sind zwar in der Entwicklung. Doch spricht einiges dafür, dass in der nächsten Zukunft die Politik verstärkt auf das E-Auto setzt. Das signalisiert die Bundesregierung mit ihrem »Umweltbonus« beim E-Auto-Kauf. Dabei werden weder mit einer auto-lastigen Mobilitätswende, noch mit der Fokussierung auf E-Mobilität die technischen Möglichkeiten der CO2-Reduktion ausgeschöpft.

Es geht also faktisch darum, im Autoland Deutschland zukünftige Marktanteile zu sichern. Die Klimaschutzdebatte bietet dazu eine wunderbare Rahmenhandlung. Das Land Brandenburg hat sicherlich darüber nachgedacht, welche Rolle die Landespolitik bei der Mobilitätswende spielen soll. Bestimmt wurde auch erörtert, den Boden nicht einfach zu günstigen Konditionen zu verkaufen, sondern über tragfähige Konstrukte als Miteigentümer in das Unternehmen einzusteigen.

Der Megatrend »Mobilitätswende« ist längst zum Verteilungskampf geworden. Wer wird sich die autolastige E-Mobilität leisten können? Verteilungsfragen werden bei der öffentlichen Diskussion um den neuen Produktionsstandort in Brandenburg bislang weitgehend ausgeblendet. Wichtig ist, dass die Politik weiß, was sie will. Unternehmen wissen es. Wenn die Meldungen zum Tesla-Engagement in Brandenburg stimmen, dann soll alles sehr zügig vorangehen. Wir könnten demnach in einem Jahr schon sehen, was aus den Plänen geworden ist. Ich bin gespannt.

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