»Die haben ihre Großeltern doch trotzdem lieb«

30 Mädchen singen ein satirisches Lied über Umweltsünder hohen Alters - und das Internet steht Kopf

  • Lesedauer: 3 Min.

Köln. Nach einer Welle der Empörung über eine Satire-Version des Kinderlieds »Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad« hat der WDR das Video von seiner Website gelöscht und sich dafür entschuldigt. Stein des Anstoßes war der Vers: »Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau.« Ein sogenannter Shitstorm im Netz mit mehr als 15.000 Facebook-Kommentaren bis Samstagabend zog über den Westdeutschen Rundfunk hinweg. Als »unterirdisch«, »unterstes Niveau« und »eine einzige Frechheit« bezeichneten Nutzer das Video auf Facebook. Der WDR hatte das Video am Freitagabend von der WDR2-Facebookseite gelöscht und entschuldigte sich »für die missglückte Aktion«.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) machte auf Twitter seiner Entrüstung über die Umweltsatire Luft. Schließlich rief am Samstagabend sogar WDR-Intendant Tom Buhrow vom Krankenhausbett seines 92-jährigen Vaters in einer Spezialsendung von WDR 2 an und bezeichnete das »Video mit dem verunglückten Oma-Lied« als Fehler.

In dem Video sangen rund 30 Mädchen im Studio unter anderem die Zeilen: »Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad. Das sind tausend Liter Super jeden Monat. Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau.« In einer anderen Strophe hieß es: »Meine Oma fährt mit ’nem SUV beim Arzt vor, überfährt dabei zwei Opis mit Rollator.« Auch die Themen billiges Discounterfleisch und Kreuzfahrten werden nicht ausgespart.

»Wir haben mit einem großen Hammer auf einen relativ kleinen Nagel geschlagen«, sagte WDR-2-Programmchef Jochen Rausch reumütig in der Spezialsendung und entschuldigte sich mehrmals. Man habe nicht mit der »nötigen sprachlichen Feinheit« gearbeitet und »nicht lange genug nachgedacht«.

Das Redaktionsteam bedauere, »dass die Satire die Gefühle eines Teils des Publikums verletzt hat«, teilte der WDR mit. Dies sei nicht die Absicht der Aktion gewesen. »Es ging vielmehr darum, den Generationenkonflikt, der sich durch die Fridays-for-Future-Bewegung darstellt, mit den Mitteln der Satire aufzugreifen.«

Dabei gab es auch positive Reaktionen auf das Video. Zwar warfen viele Nutzer den Verantwortlichen mangelnden Respekt vor Älteren und eine Instrumentalisierung von Kindern für ein »beschämendes« oder »ideologisches« Video vor. Andere aber lachten darüber. »Scheinbar können es viele Menschen nicht vertragen, wenn man ihnen den Spiegel vorhält«, sagte eine Hörerin in der WDR-Sendung.

Vor dem rechten Mob eingeknickt
Sebastian Bähr über eine besorgniserregende Entschuldigung des WDR

»Satire muss man aushalten«, sagte auch die 14-jährige Ricarda. »Was ist daran so schlimm?« Die Kinder seien alt genug, um zu wissen, was sie sängen. »Die haben ihre Großeltern doch trotzdem lieb.« Auch Satiriker Jan Böhmermann twitterte: »Wer sich jeden Tag billiges Discounterfleisch aufbrät, ist eine Umweltsaudpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal