Pikante Personalie

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Kaum vorstellbar, doch wahr: Volker Perthes gibt sein Amt als Chef des einflussreichen Berliner Thinktanks Stiftung Wissenschaft und Politik, kurz SWP, ab. Seit 2005 hatte er das Amt inne. Sein Nachfolger als geschäftsführender Vorstandschef und damit Direktor der Forschungseinrichtung Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit soll ab dem 1. Oktober Stefan Mair werden.

Wer studieren will, wie Lobbyarbeit geht, kann sich an den Politikwissenschaftler wenden. Der 1963 Geborene ist aktuell Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Aber er kann auch auf einige SWP-Erfahrung verweisen. Nach einem Studium der Politischen Wissenschaften, der Volkswirtschaftslehre und der Soziologie an der Universität München war er Stipendiat des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung. 1992 promovierte Mair, danach arbeitete er bei der SWP als Referent für Afrika und wurde 1997 Forschungsgruppenleiter an der Einrichtung.

Zweck der 1962 in München gegründeten Stiftung ist es laut Satzung, »im Benehmen mit dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung« wissenschaftliche Untersuchungen auf den Gebieten der internationalen Politik sowie der Außen- und Sicherheitspolitik durchzuführen. Politikberatung soll »auf der Grundlage unabhängiger wissenschaftlicher Forschung« erfolgen. Die nach eigener Darstellung selbstlos arbeitende Einrichtung verfolgt »ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts ›Steuerbegünstigte Zwecke‹ der Abgabenordnung«. Das mit der Unabhängigkeit sollte man nicht falsch verstehen: Die Stiftung finanziert sich zu 100 Prozent über den Einzelplan 04, also den Etat des Bundeskanzleramtes. Die jährlichen Zuwendungen liegen im zweistelligen Millionenbereich.

Falls es bei der SWP ein Traditionskabinett gäbe, hätte dort das Porträt eines gewissen Klaus Ritter einen Ehrenplatz verdient. Der hat unter Reinhard Gehlen zunächst bei der Abteilung »Fremde Heere Ost« der Wehrmacht und dann beim Bundesnachrichtendienst gedient. 1959 gönnte er sich ein »Sabbatical« in den USA und war wohl beeindruckt von der Macht der dortigen Thinktank-Landschaft. Es heißt, der spätere Sicherheitsberater des US-Präsidenten und US-Außenminister Henry Kissinger habe ihm geraten, ähnliches in Deutschland aufzubauen - auch, damit US-Einrichtungen wie die RAND-Cooperation Ansprechpartner hätten. Nach der Rückkehr in die Bundesrepublik fand BND-Mann Ritter Gleichgesinnte. Das Startkapital von 50 000 D-Mark kam von der »Wirtschaftsvereinigung Eisen- und Stahlindustrie«, der Deutschen und der Commerzbank sowie von einem Mitarbeiter der Flick K.G.

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