Handel soll fairer werden

Kanzlerin lädt zu Gespräch über Dumpingpreise für Lebensmittel

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.

»David gegen Goliath, so fühlen sich aktuell Erzeuger, wenn sie mit dem Handel verhandeln«, sagt Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). Sie will die Regeln für den Handel ändern - zugunsten der Produzent*innen. Denn der Handel beklage zwar immer, dass Verbraucher*innen nicht mehr Geld für Lebensmittel zahlen wollten, setze aber selbst immer mehr Tiefstpreise. Das bade am Ende der Erzeuger aus. »Wir brauchen Preise, die für den Verbraucher bezahlbar und den Erzeuger auskömmlich sind«, erklärte Klöckner vor einem am Montag stattfindenden Spitzentreffen mit Vertretern des Lebensmitteleinzelhandels. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zu einem Gespräch ins Kanzleramt geladen, um über die Wertschätzung von Lebensmitteln und unfaire Handelspraktiken zu reden.

Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe mit Lidl sind die führenden Einzelhändler in Deutschland und kontrollieren nach Angaben des Bundeskartellamts zusammen mehr als 85 Prozent des Lebensmittelmarktes in Deutschland. Durch ihre Marktmacht könnten sie die Bedingungen diktieren, kritisierte Klöckner schon Ende Januar bei der Grünen Woche. »Da werden von 30 Paletten Salatköpfen 15 über Nacht storniert - ohne Bezahlung«, nannte sie ein Beispiel. Das sei »nicht in Ordnung«. Supermärkte könnten heute auch den Ort, den Umfang oder die Häufigkeit von Lieferungen einseitig ändern. Deshalb setze sich ihr Ministerium in der EU für die UTP-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken ein. »Wir werden sie in Deutschland eins zu eins umsetzen«, kündigte die Ministerin an. Damit wäre etwa verboten, Bestellungen von verderblichen Lebensmitteln kurzfristig zu stornieren.

Der Grünen-Vorsitzende Robbert Habeck forderte am Wochenende ein Verbot von »Ramschpreisen« bei Lebensmitteln und schlug einen »Tierschutzcent« auf tierische Produkte vor. »Damit wird der Umbau von Ställen finanziert, und Tiere bekommen mehr Platz.« Verbraucher würden dies an der Kasse kaum merken.

Der Handelsverband HDE lehnt die Vorschläge ab. Es gebe bereits ein Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis. »In der Marktwirtschaft bilden sich Preise als Ergebnis von Angebot und Nachfrage - und das ist auch gut so«, sagte HDE-Chef Stefan Genth gegenüber der »Welt«. »Staatliche Eingriffe und Vorgaben führen am Ende nur zu unnötig hohen Verbraucherpreisen und treffen damit vor allem Menschen, die finanziell schlechter dastehen.«

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) meint dennoch, dass bei zunehmenden Anforderungen an die Landwirte auch die Preise für Lebensmittel im Supermarkt steigen müssten. »Mehr Leistung muss auch besser bezahlt werden. Anders bekommen die Bauern das nicht hin«, sagte der Regierungschef des Agrarlandes Niedersachsen der Funke-Mediengruppe. Er befürwortet einen runden Tisch mit Politik, Landwirtschaft und Umweltschutz, um »verlässliche Perspektiven für eine nachhaltige Landwirtschaft« zu entwickeln.

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