Neonazi-Festplatte war unverschlüsselt

Polizei war nicht in der Lage, Datensätze zu von Rechtsextremen Ausgespähten zeitnah wiederherzustellen

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Innenverwaltung hat auf eine Parlamentsanfrage der Linksfraktion hin neue Details zu der rechtsextremen Terrorserie in Neukölln bekannt gegeben. Demnach war eine Festplatte, auf der ein verdächtiger Rechtsextremist rund 500 Datensätze zu vermeintlichen Neonazi-Gegnern gespeichert hatte, überhaupt nicht elektronisch abgesichert. »Die Festplatte war nicht verschlüsselt«, heißt es in einer aktuellen Antwort der Verwaltung von Innensenator Andreas Geisel (SPD) auf die Schriftliche Anfrage der Linke-Abgeordneten Anne Helm und Niklas Schrader, die »nd« vorab vorliegt.

Der besagte Datenträger des Tatverdächtigen Sebastian T. war im Frühjahr 2018 bei einer Durchsuchung in seiner Wohnung gefunden worden. Erst im November vergangenen Jahres konnte die sogenannte Feindesliste wiederhergestellt werden. Sie befand sich offensichtlich im elektronischen Papierkorb eines gelöschten Betriebssystems. »Wichtige Daten waren jedoch gelöscht und nur schwer wieder herzustellen«, heißt es in der Senatsantwort. Bei IT-Experten hatte der Umstand, dass die Polizei über viele Monate die Daten nicht finden konnte, für Erstaunen gesorgt. Denn bei einer forensischen Auswertung werden natürlich keine bereits gelöschten Betriebssysteme wiederhergestellt, sondern die Programme zeigen lediglich Datenverzeichnisse an, die wiederhergestellt wurden.

Erstmals erklären die Behörden jetzt, was sich hinter dem Stichwort Datensätze verbirgt: »Nach aktuellem Kenntnisstand wurden Daten zu über 500 Personen auf dem unverschlüsselten Datenträger festgestellt.« Informiert darüber hat die Polizei bis heute offenbar jedoch nur einen kleinen Teil der betroffenen Antifaschisten, Politiker und Polizisten. In der Antwort auf die Schriftliche Anfrage wird erklärt: »Auf Grundlage der Informationstiefe, der Aktualität und der Qualität der Daten wurden individuelle Gefährdungsbewertungen durchgeführt.« Je nach Gefährdungsbewertung wurden Betroffene bereits angesprochen oder sollen angesprochen beziehungsweise schriftlich informiert werden - bisher waren das etwa 30 Personen. Neu ist zudem, dass die Betroffenen auf der »Feindesliste« bestimmten politischen Gruppen zugeordnet wurden. Außerdem wurden die Daten, die im Jahr 2013 erstellt worden sein sollen, aus seinerzeit öffentlich zugänglichen sozialen Medien zusammengestellt, auch eigenständig angefertigte Fotos und Materialien befinden sich offenbar darunter. Ob die Daten in Neonazi-Kreisen zirkulierten, ist unbekannt.

Für den Linkspartei-Abgeordneten Niklas Schrader ist die Informationspolitik der Polizei zu spärlich und zu zögerlich. »Auch die Betroffenen müssen selbst bewerten können, wie sehr sie gefährdet sind«, sagt Schrader zu »nd«. Und: »Es ist wichtig, dass alle schleunigst erfahren, dass sie ausgespäht worden sind.«

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