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AfD einigt sich auf Rentenkonzept

Parteichef Meuthen kann sich nicht gegen »Flügel« durchsetzen - Entscheidung auf Bundesparteitag erwartet

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 4 Min.

Die große Spaltungslinie in der AfD verläuft bekanntermaßen nicht beim Thema Flüchtlinge, sondern in der Sozialpolitik. Eher Neoliberale, vor allem Abgeordnete aus den westdeutschen Landesverbänden, stehen hier völkischen Nationalisten, vornehmlich aus ostdeutschen Landesverbänden, gegenüber, die mitunter stärker sozialstaatliche Elemente für weiße deutsche Staatsbürger einfordern. Eine Zuspitzung dieser Auseinandersetzung wird für Ende April auf dem Bundesparteitag in Offenburg erwartet. Die AfD will auf dem zweitätigen Treffen auch ein Rentenkonzept verabschieden. Nach bisherigem Stand haben die Kräfte um den völkischen »Flügel« gute Chancen, sich durchzusetzen.

Die wichtigste Änderung des Leitantrages der AfD: Abgeordnete, Selbstständige und ein Großteil der Beamten sollten nach den Vorstellungen der Programmkommission künftig auch Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Ein Antrag der Kommission, über den auf dem sogenannten Sozialparteitag Ende April abgestimmt werden soll, sieht nur Ausnahmen für Polizisten, Staatsanwälte und andere mit hoheitlichen Aufgaben betraute Beamte vor. Sie sollten weiterhin Beamtenpensionen erhalten. Selbstständige sollten sich demnach nur dann der gesetzlichen Rentenversicherung entziehen können, wenn sie eine private Altersvorsorge nachweisen.

Der Vorschlag, den die Mitglieder der Kommission am vergangenen Wochenende in Erfurt vereinbarten, lehnt Zuwanderung ab und setzt stattdessen auf politische Instrumente, um die Geburtenrate zu erhöhen. Eltern sollen für jedes Kind 20 000 Euro Beiträge zur Rentenversicherung aus Steuermitteln erstattet bekommen, ohne dass sich die Rentenansprüche dadurch verringern. Für jedes Kind mit deutscher Staatsbürgerschaft und Lebensmittelpunkt in Deutschland soll der Staat zudem bis zum 18. Lebensjahr 100 Euro monatlich auf ein Spardepot einzahlen. Dieser Betrag sollte an die Inflation angepasst werden. Die AfD will laut dem Leitantrag zudem das Renteneintrittsalter flexibler gestalten. Wer länger arbeitet, solle mehr Rente erhalten.

AfD-Chef Jörg Meuthen hatte im Herbst 2018 für eine steuerfinanzierte Mindestrente ergänzt um private Absicherung plädiert. Diese Idee findet sich in dem nun erarbeiteten Konzept, das noch am Dienstag an die Mitglieder verschickt werden sollte, nur noch in einem Passus mit der Überschrift »Ausblick« wieder. Dort heißt es, eine steuerbasierte Grundrente könnte nur mit einer umfassenden Steuerreform realisiert werden. Und: »Die Alternative für Deutschland wird sich der Diskussion über eine weitergehende Steuer- und Rentenreform nicht verschließen.«

Meuthens eher neoliberalem Vorschlag stand ein Konzept aus der thüringischen Landtagsfraktion gegenüber, maßgeblich verfasst vom Rechtsaußen-Landeschef Björn Höcke. Dieser Plan sah vor, das Umlagesystem auszubauen und deutsche Staatsbürger zu bevorzugen.

Es wird nun erwartet, dass auf dem Bundesparteitag in Offenburg noch über einige Änderungsvorschläge abgestimmt wird. Meuthen hatte zuvor gegenüber Medien angedeutet, dass er auch unabhängig vom Leitantrag noch auf die Unterstützung der Parteitagsdelegierten setzt.

Um Menschen, die als Geringverdiener von Altersarmut bedroht wären, besser zu stellen als Menschen, die »größtenteils arbeitslos« waren, sieht der Leitantrag für den Parteitag vor, dass lediglich 25 Prozent der Altersrente auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden. Heute wird die Rente voll auf die Grundsicherung angerechnet. Das heißt, dass die Grundsicherung um die ausgezahlte Rente sinkt. Allerdings will die Große Koalition die Regeln im Zusammenhang mit der Einführung einer Grundrente lockern. So soll es künftig einen Freibetrag in der Grundsicherung von maximal 216 Euro für jene geben, die 33 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt, aber besonders wenig verdient haben.

Die Programmkommission der AfD schlägt außerdem eine Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Arzneimittel von 19 Prozent auf 7 Prozent vor. Der Arzneimittelgroßhandel solle verpflichtet werden, »versorgungsrelevante Arzneimittel« für einen Bedarf von zwei Monaten vorrätig zu halten.

Bislang geht die Parteiführung davon aus, dass sich die 600 Parteitagsdelegierten am 25. April für zwei Tage in Baden-Württemberg versammeln werden. Eine Absage aufgrund der Verbreitung des neuartigen Coronavirus ist derzeit nicht vorgesehen, wird aber diskutiert. Mehrere AfD-Bundestagsabgeordnete sprachen am Dienstag in Berlin bereits davon, dass sie von einem Ausfall des Parteitags ausgehen.

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