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UN-Generalsekretär fordert weltweiten Waffenstillstand +++ Maas will »Solidaritätsklausel« der EU aktivieren

Der Newsblog zur Coronakrise - Montag, 23.03.2020

  • Lesedauer: 8 Min.

18 Uhr: Guterres fordert in Corona-Krise weltweiten Waffenstillstand
Angesichts der Corona-Krise hat UN-Generalsekretär António Guterres zu einem »sofortigen weltweiten Waffenstillstand« aufgerufen. Zivilisten in Konfliktgebieten müssten vor den verheerenden Auswirkungen der Pandemie geschützt werden, sagte Guterres am Montag bei einer Rede im UNO-Hauptquartier in New York. »Die Heftigkeit des Virus« verdeutliche, wie »unsinnig« Kriege seien, sagte Guterres.

Die Coronavirus-Pandemie sei der Grund, warum »ich heute zu einem sofortigen Waffenstillstand in allen Ecken der Welt aufrufe«, sagte Guterres. Es sei an der Zeit für eine »Sperre für bewaffnete Konflikte«. »Lasst die Waffen schweigen, stoppt die Artillerie, beendet die Luftangriffe«, forderte der UN-Generalsekretär. Dies sei zentral, um humanitäre Korridore für Zivilisten zu schaffen.

16 Uhr: Maas will »Solidaritätsklausel« der EU aktivieren
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) will die »Solidaritätsklausel« in den EU-Verträgen aktivieren. Dies habe er seinen EU-Kollegen am Montag bei einer Video-Konferenz vorgeschlagen, sagte Maas in Berlin. Ziel sei es, die Reaktion der EU auf die Ausbreitung des Coronavirus durch »ganz konkrete Maßnahmen« zu stärken und »materielle und personelle Kapazitäten innerhalb der EU« dort zur Verfügung zu stellen, »wo der Bedarf am größten ist«.

Die Solidaritätsklausel findet sich in Artikel 222 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Sie soll gewährleisten, dass die EU insgesamt Mitgliedstaaten bei Terroranschlägen und Naturkatastrophen schnell, wirksam und einheitlich unterstützt. Demnach mobilisiert die Union in solchen Fällen »alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel, einschließlich der ihr von den Mitgliedstaaten bereitgestellten militärischen Mittel«.

12:35 Uhr: Bundeskabinett billigt Milliarden-Hilfspaket
Das Bundeskabinett hat in einer Sondersitzung am Montag Nothilfen im Umfang von mehreren hundert Milliarden Euro gebilligt, um die Folgen der Corona-Krise abzumildern. Die Ministerrunde brachte unter anderem einen Nachtragshaushalt auf den Weg, um die Hilfsmaßnahmen mit einer Neuverschuldung in Höhe von rund 156 Milliarden Euro zu finanzieren. Das in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellose Maßnahmenpaket soll Bürger und Unternehmen vor dem Verlust der Existenzgrundlage durch die Krise bewahren.

12:05 Uhr: Heinsberger Landrat bittet China um Hilfe
Der Landrat des vom Coronavirus in Nordrhein-Westfalen besonders betroffenen Kreis Heinsberg, Stephan Pusch (CDU), hat China um Unterstützung bei Schutzmaterialien gebeten. Die im Kreis verfügbaren Masken oder Schutzkittel reichten nur noch für ein paar Tage, schrieb Push am Montag in einem offenen Brief an den chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping.

Im Kampf gegen das Virus hätten die Verantwortlichen in China immer wieder betont, wie wichtig ausreichendes Schutzmaterial sei, schrieb Pusch in dem Brief, der an die chinesische Botschaft in Berlin andressiert ist. »Soweit der Krisenstab und die Krankenhäuser hier vor Ort nicht ausreichend Schutzmaterialien besorgen können - was mehr als schwierig ist - hätte das weitreichende schwere Folgen für das Gesundheitssystem im Kreis Heinsberg und für die Menschen hier. In meiner Funktion als Landrat bitte ich daher die Volksrepublik China um Unterstützung«, heißt es in dem Schreiben weiter.

11:25 Uhr: Italien stoppt nicht-lebenswichtige Produktion
Um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, müssen in Italien seit Montag weitere Teile der Wirtschaft ihre Arbeit stoppen. Die Regierung hatte am Wochenende beschlossen, dass die nicht-lebenswichtige Produktion heruntergefahren werden soll. Allerdings erließ das Kabinett in dem am Sonntag unterschriebenen Dekret auch eine lange Liste von Ausnahmen vom Verbot.

Trotz der neuen Verbote arbeiten darf unter anderem die Lebensmittel- und Transportbranche sowie die Entsorgungs- oder Energieindustrie. Auch Betriebe aus den Bereichen Medizin, Chemie, Plastik, Tierfutter und vieles mehr dürfen weitermachen. Post und Banken sowie ähnliche Dienstleister bleiben ebenfalls geöffnet. Ein Teil der Betriebe, die schließen müssen, erhielt eine Übergangsfrist bis zum Mittwoch. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Ansa hatten Wirtschaftsvertreter vor zu drastischen Schließungen gewarnt. Gewerkschaften dagegen drohten mit Streiks, weil die Arbeitnehmer bei der Arbeit nicht genug vor Ansteckung geschützt seien.

Zugleich keimte in dem besonders hart von der Corona-Welle getroffenen Land erste vorsichtige Hoffnung auf, dass die bestehenden Ausgangssperren und Ladenschließungen allmählich Wirkung zeigen könnten: Der Zivilschutz hatte am Sonntagabend zwar immer noch rund 650 neue Tote im Zusammenhang mit dem Sars-CoV-2-Erreger binnen 24 Stunden gemeldet - doch die Zahl lag unter der am Samstagabend berichteten Zahl von fast 800 Toten. Insgesamt wurden in Italien seit Februar bis zum Sonntag mehr als 59 000 Infizierte erfasst. Auch bei der Infizierten-Zahl war die Steigerung geringer gewesen als am Vortag. Insgesamt starben in Italien 5476 meist ältere Menschen bei der Virus-Welle.

11.15 Uhr: Merkel nimmt nur Telefonkonferenz an Kabinettssitzung teil
Bundeskanzlerin Angela Merkel wird aus der häuslichen Quarantäne heraus per Telefonschalte an der Sitzung des Bundeskabinetts an diesem Montag teilnehmen. Das sagte ein Regierungssprecher am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Wie zuletzt tagen die Ministerinnen und Minister demnach wegen der Corona-Krise nicht wie üblich im Kabinettssaal des Kanzleramts in Berlin, sondern im viel größeren Internationalen Konferenzsaal - so können sie den notwendigen Abstand voneinander einhalten, um Ansteckungen zu verhindern.

Merkel hatte sich am Sonntagabend selbst in häusliche Quarantäne begeben, weil sie Kontakt zu einem Arzt hatte, der mittlerweile selbst infiziert ist. Bei der Kabinettssitzung ab 11.00 Uhr sollten umfangreiche Notpakete für Unternehmen, Beschäftigte und Kliniken beschlossen werden, zudem ein Kündigungsschutz für Mieter, die wegen der Corona-Krise finanzielle Probleme bekommen.

10.00 Uhr: Welthungerhilfe: Corona wird Afrika hart treffen
Die Welthungerhilfe warnt vor drastischen Folgen der Corona-Epidemie in Afrika. »Es ist davon auszugehen, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten dort viele Tote beklagen müssen. Damit werden auch Existenzen vernichtet, und die Armut könnte nicht zuletzt wegen der verheerenden wirtschaftlichen Folgen der Pandemie dort weiter ansteigen«, sagte die Präsidentin der Welthungerhilfe, Marlehn Thieme, der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (Montag).

Das Virus werde gerade für jene Länder verheerend sein, die ein schlechtes oder kaum funktionierendes Gesundheitssystem haben. »Die offiziellen Infizierungsfälle in Afrika oder Ländern wie Afghanistan sind auch deshalb so gering, weil es vor Ort kaum Tests gibt«, sagte Thieme. Die Industrieländer dürften Afrika »jetzt nicht im Stich lassen und sollten ihre Versprechen für alle geplanten Finanzhilfen und Unterstützungsprogramme einhalten«.

Die Welthungerhilfe will ihre Arbeit in den 38 Ländern, in denen sie aktiv ist, vorerst soweit wie möglich fortsetzen. »Wir weiten unsere Projekte aus, indem wir Hygieneschulungen und Aufklärungskampagnen beginnen«, sagte die Präsidentin der Hilfsorganisation. Auch in Afrika seien Hygienemaßnahmen wie Händewaschen und die Vermeidung von körperlichen Kontakten wichtig, um die Ausbreitung der Krankheit zu verlangsamen.

09.30 Uhr: Kontaktverbot und Ausgangsbeschränkung
In Berlin und anderswo müssen sich die Menschen von diesem Montag an auf noch härtere Einschnitte im öffentlichen Leben einstellen. Um die Ausbreitung des Coronavirus zu bekämpfen, gilt ein Kontaktverbot, Aufenthalte im Freien werden weiter eingeschränkt. Die Verordnung zur Eindämmung des neuartigen Erregers wurde am Sonntag nach Beratungen der Länderchefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verschärft.

Polizei und Ordnungskräfte sollen die Einhaltung der neuen Vereinbarungen in der Hauptstadt kontrollieren. »Wir müssen und werden eingreifen, wo Leute glauben, es sei alles ein großer Spaß«, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Sonntag in der rbb-»Abendschau«. Die übergroße Zahl der Berlinerinnen und Berliner wisse, worum es im Kampf gegen das Coronavirus gehe.

Die Länderchefs einigten sich mit der Kanzlerin darauf, Ansammlungen von mehr als zwei Personen grundsätzlich zu verbieten. Ausgenommen werden sollen Familien sowie in einem Haushalt lebende Personen.

Müller verteidigte die Entscheidung gegen eine komplette Ausgangssperre. »Soziales Leben muss möglich sein, Kinder müssen mal an die frische Luft gehen«, erklärte der Regierende Bürgermeister. Das Ziel sei aber, soziale Kontakte zu reduzieren. Die neuen Verschärfungen sollen Müller zufolge für zwei Wochen gelten.

In der veröffentlichten Verordnung für Berlin heißt es, Personen auf dem Stadtgebiet von Berlin müssten sich ständig in ihrer Wohnung aufhalten. Allerdings gibt es für diese Ausgangsbeschränkung eine Reihe von Ausnahmen. Das gilt etwa für Menschen, die zur Arbeit müssen, für Arztbesuche, andere medizinische Behandlungen oder Blutspenden, für Einkäufe, aber auch für die Begleitung Sterbender oder für Beerdigungen. Am Sonntagabend wies die Polizei auf Twitter darauf hin, dass die Berliner ihren Personalausweis oder einen anderen amtlichen Lichtbildausweis nebst einem Dokument, aus dem die Wohnanschrift ersichtlich ist, mit sich führen sollten.

Sport und Bewegung an der frischen Luft ist der Verordnung zufolge ebenfalls im Freien erlaubt, alleine, mit Angehörigen des eigenen Haushalts oder mit einer anderen Person - nur Gruppen dürfen auch zu diesem Zweck nicht gebildet werden. Und auch wer Tiere betreuen muss, darf die Wohnung verlassen und sei es, um mit dem Hund spazieren zu gehen.

In Berlin war das Straßenleben am Samstag und Sonntag aber bereits deutlich reduziert. Das zeigte sich auch anderswo. Am Wochenende hatten sich etwa in Nordrhein-Westfalen viele Menschen an die verschärften Ansammlungsverbote einiger Städte wie Leverkusen, Köln, Dortmund, Bochum und Gelsenkirchen gehalten. Die Innenstädte am Samstag und Sonntag glichen Geisterstädten. Nur vereinzelt vermeldeten Polizei und Ordnungsämter Verstöße auf Plätzen oder in Parks. Dortmunds Polizeipräsident lobte ausdrücklich die Disziplin in der Stadt. Agenturen/nd

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