Nadelöhr Banken

Die staatliche KfW soll angeschlagene Kleinunternehmen im Auftrag der Regierung rasch mit Krediten versorgen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Maßnahmen gegen das neuartige Coronavirus lösen derzeit eine Wirtschaftskrise aus, welche die Regierung wiederum mit diversen Rettungsprogrammen abzufedern versucht. Das Gewichtigste von diesen wird, auch wenn viele Einzelheiten in den kommenden Tagen und Wochen noch zu klären sein werden, über die staatliche Förderbank KfW in Frankfurt am Main laufen. »Wir übernehmen Verantwortung und tun alles, um Unternehmen in Deutschland zu helfen und sie schnell mit Liquidität zu versorgen«, sagt der Vorstandsvorsitzende Günther Bräunig.

Am Montag haben Bundesregierung und EU-Kommission das »KfW-Sonderprogramm 2020« freigegeben. Dadurch soll allen Unternehmen, Selbstständigen und Freiberuflern geholfen werden, die infolge der Coronakrise in finanzielle Schieflage geraten. KfW-Chef Bräunig sieht durchaus Unterschiede zur Finanzkrise 2007 bis 2009, während der seinem Institut ebenfalls eine Schlüsselrolle zugefallen war. Damals hatten die Verwerfungen im Finanzsektor vornehmlich die international vernetzte Industrie in Mitleidenschaft gezogen, nun trifft es auch Dienstleistungen, die auf persönlichen Kontakten basieren, wie Gaststätten oder Einzelhändler. Da in diesen Branchen viele kleine Unternehmen aktiv sind, ist die Zahl der betroffenen Firmen »signifikant höher als in der Finanzkrise«, warnt Bräunig. Außerdem kommen die Verluste beim Umsatz nicht schleichend, sondern abrupt, und sie fallen tiefer aus. »Damit entstehen unmittelbar große Liquiditätslücken.«

Schutzschirm der Regierung

Berlin. Jenseits des nun gestarteten »KfW-Sonderprogramms 2020« hat die Bundesregierung am Montag weitere Maßnahmen beschlossen. 

Kleine Firmen: Soloselbstständige, Musiker, Heilpraktiker oder Pfleger, die gerade kaum Kredite bekommen, sollen auf unbürokratische Weise direkte Finanzspitzen erhalten – 9000 bis 15 000 Euro für drei Monate. 
Größere Unternehmen: Diese sollen notfalls mittels vorübergehender Verstaatlichung vor der Pleite oder einem Aufkauf durch einen ausländischen Konkurrenten gerettet werden. Die Bundesregierung will ihnen milliardenschwere Garantien geben und Schuldtitel übernehmen.
Kurzarbeit: Wenn es nichts mehr zu arbeiten gibt, kann ein Unternehmen die Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt 60 Prozent des Lohns, bei Menschen mit Kindern 67 Prozent. Die Unternehmen bekommen Sozialbeiträge erstattet.

Schutz von Mietern: Kündigung durch den Wohnungseigentümer soll verboten werden, wenn Einkommensausfälle dazu führen, dass man die Miete nicht zahlen kann. Gelten soll dies zunächst für Mietschulden vom 1. April bis 30. September 2020.

Gesamtkosten: Das Finanzministerium rechnet mit Kosten für die Hilfsprogramme von 122,8 Milliarden Euro allein in diesem Jahr. Zugleich kommen wohl 33,5 Milliarden Euro weniger Steuern rein. dpa/nd

Auf einige, bereits in der vergangenen Woche vorgestellte Hilfsprogramme, kann seit Montag zugegriffen werden. Unternehmen können einen Kredit für Investitionen und Betriebsmittel beantragen, sofern sie bis zum 31. Dezember 2019 »nicht in Schwierigkeiten waren«. Dazu hat die KfW ihre bestehenden Förderprogramme ausgeweitet, darunter den »KfW-Unternehmerkredit« für Bestandsunternehmen, den »ERP-Gründerkredit Universell« für junge Unternehmen sowie den »KfW-Kredit für Wachstum« für größere Unternehmen. Für Freiberufler und Selbstständige gelten dabei die gleichen Regeln – und die wurden deutlich gelockert. Das gilt auch für das nun von der Bundesregierung gestartete »KfW-Sonderprogramm 2020«, dem unbegrenzte Mittel zur Verfügung stehen.

In der Vergangenheit übernahm die KfW in vielen Fällen nur eine Haftungsgarantie von 50 Prozent der Kreditsumme. Die andere Hälfte musste die jeweilige Hausbank oder Sparkasse schultern. Die scheuten aber häufig das Risiko oder verkauften lieber ihre eigenen Produkte. Jedenfalls waren solche Klagen in den vergangenen Jahren häufig von Unternehmern zu hören. Bisher erhielten viele interessierte Firmen letztlich dann doch keinen KfW-Kredit, und manches Förderprogramm wurde zum Ladenhüter.

Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung waren die generell extrem niedrigen Zinssätze, die von der KfW kaum unterboten werden konnten. Das soll nun anders werden. Der günstigste KfW-Kredit kostet fortan nur noch ein Prozent pro Jahr. Vor allem werden von der KfW bis zu 90 Prozent des Kredits garantiert. Außerdem wird die sogenannte Risikoprüfung vereinfacht, die Unternehmen bestehen müssen, bevor sie Geld erhalten. All dies werde den Zugang zu günstigen Krediten »erleichtern«, hofft Bräunig. Jeder Antrag werde mit Hochdruck bearbeitet, um so schnell wie möglich zu helfen.

Dass die KfW mit ihren weniger als 7000 Beschäftigten durch eine Flut von Kreditanträgen überfordert werden könnte, befürchtet Bräunig offenbar nicht. Denn die Risikoprüfung soll – anders als in normalen Zeiten – allein den Banken und Sparkassen obliegen. Die KfW winkt die Anträge dann quasi nur noch durch.

Die KfW-Bankengruppe war 1948 als Kreditanstalt für Wiederaufbau gegründet worden, um die US-amerikanischen Marshallplan-Gelder zu verwalten. Als Kreditgeber entschied sie maßgeblich über die Wirtschaftsstruktur der jungen Bundesrepublik. Heute bedient das mit einer Bilanzsumme von 485,8 Milliarden Euro zweitgrößte deutsche Kreditinstitut zahlreiche Themenfelder im In- und Ausland. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts, die zu 80 Prozent dem Bund und zu 20 Prozent den Ländern gehört, ist so etwas wie der verlängerte industriepolitische Arm der Bundesregierung. Diese stellt mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) den Chef des Kontrollgremiums der KfW.
Das Interesse an den zinsgünstigen KfW-Krediten scheint diesmal allerdings groß zu sein. Am Montag war die Internetseite zeitweilig wegen Überlastung nicht erreichbar.

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