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Keiner wird Hunger leiden müssen
Rainer Balcerowiak über Forderungen wegen fehlender Erntehelfer
Not macht erfinderisch. Im Zuge der Coronakrise fehlen Erntehelfer aus Ost- und Südosteuropa, und auf einmal entdeckt die Politik ihr Herz für das Prekariat. Strikte Zuverdienstgrenzen für Hartz-IV-Bezieher und Kurzarbeiter - weg damit. Arbeitserlaubnis auch für abgelehnte und nur befristet geduldete Flüchtlinge - kein Problem.
Als kleine »Gegenleistung« wird allerdings erwartet, dass man das mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz doch bitte nicht so eng sehen soll. Und auch bei der seuchenschutzrechtlich gebotenen Schließung von Agrar- und Lebensmittelbetrieben nach Auftreten von Corona-Infektionen müsse man »flexibel« agieren, fordert Ministerin Julia Klöckner. Denn sonst sei die Ernährungssicherheit gefährdet. Längst mehren sich auch die Stimmen, die Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn fordern.
Bei allem Verständnis für die schwierige Situation in Teilen der Landwirtschaft: Es darf nicht passieren, dass die Krise dazu missbraucht wird, hart erkämpfte Schutzrechte und Standards im Handstreich zu schleifen. Und was die Ernährungssicherheit betrifft: Die meisten Helfer fehlen für die Spargel- und Erdbeerernte.
Wenn die mal deutlich knapper ausfällt, wird trotzdem niemand unter Hunger oder Fehlernährung leiden. Und ein entsprechendes Hilfsprogramm für die betroffenen Bauern dürfte in der Zeit der offenen Geldhähne ja wohl auch kein Problem sein.
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