Sportliche Leitkultur

Der aktuelle 10-Punkte-Plan des DOSB löst bei Alexander Ludewig Kopfschütteln aus

Am Mittwoch, als Bundeskanzlerin Angela Merkel noch mit den Ministerpräsidenten über das weitere Vorgehen in der Coronakrise beriet, meldete sich der Deutsche Olympische Sportbund zu Wort - mit einem »Positionspapier zur Wieder-Aufnahme des vereinsbasierten Sporttreibens«. Der Name trifft es auf den Punkt: Auf zwei Seiten beschreibt der DOSB seine wichtige Position in der Gesellschaft. Davon abgesehen ist es erstaunlich substanzlos.

Der DOSB hat recht, wenn er den Sport als Element für »physisches und psychisches Wohlbefinden« nennt und dessen sozialen Wert unterstreicht. Aber er meint nur sich selbst, also den vom Dachverband »organisierten Sport«. Untermauert wird das mit großen Zahlen: 27 Millionen Mitgliedschaften, 90 000 Vereine.

Braucht es dafür jetzt ein Positionspapier? Noch mehr Kopfschütteln lösen die darin enthaltenen zehn Leitplanken aus. »Distanzregeln einhalten«, »Körperkontakte auf das Minimum reduzieren« oder »Risiken in allen Bereichen minimieren« - all das praktizieren die Menschen seit Wochen. Sportspezifisch wird, wie überraschend, noch empfohlen: »Trainingsgruppen verkleinern«.

Über die konkrete Ausgestaltung erfährt man nur, dass sie von den Fachverbänden übernommen wird. Somit bleibt das Papier, was Alfons Hörmann nicht leugnet: Lobbyarbeit, wie sie jeder Verband betreibt, um seinen Machtbereich in der Krise zu schützen. Der DOSB-Präsident sagte es so: »Mit dem Angebot eines nunmehr angepassten Sportangebots mit ›Abstand‹ wollen wir bei der Politik das Vertrauen in die Selbstorganisation des Sports stärken.«

Der Versuch des DOSB, in seiner Angst um die Autonomie des Sports eine Leitkultur vorzugeben, ist offensichtlich. Und er geht an der Realität vorbei, wenn er als Vorteil aufzählt, dass »Menschen wieder selbstbestimmter ihr Leben gestalten« könnten. Vielmehr ist zu beobachten, dass sich derzeit mehr Menschen selbstbestimmt für einen Sport als Ausgleich zu den gesellschaftlichen Einschränkungen entschieden haben - sei es beim Joggen, Radfahren oder im eigenen Wohnzimmer.

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