Schwieriges Timing
Personalie
Wenn die wenigen Gäste bei der Vereidigungszeremonie weit auseinander sitzen und Mundschutz tragen, dann schwant einem als frisch gebackenem Premierminister wahrscheinlich, dass die neue Aufgabe nicht ganz einfach wird. Moeketsi Majoro, der seit Mittwoch der Regierung Lesothos vorsteht, erklärte die Corona-Pandemie dann auch zur Chefsache. Die Zahl der bestätigten Corona-Infektionen im »Königreich im Himmel«, wie sich die von Südafrika umgebene Enklave in den Maluti-Bergen nennt, liegt derzeit bei eins, doch Majoro traut der Sache nicht. »Wir müssen unsere Anstrengungen verdoppeln, um zu wissen, wie viele Infektionen es bei uns gibt«, erklärte der bisherige Finanzminister bei seiner Vereidigung im Palast von König Letsie III..
Unbegründet sind die Sorgen nicht: Der große Nachbar Südafrika verzeichnete in den vergangenen Tagen einen starken Zuwachs der Infektionszahlen und die Grenze zwischen beiden Ländern ist eher Leitlinie als Barriere, der kleine Grenzverkehr verläuft weitgehend unkontrolliert.
Die Coronakrise ist allerdings bei weitem nicht das einzige Problem, das Majoro von seinem einstigen Förderer und Vorgänger Thomas Thabane mit auf den Weg bekam. Neben hoher Arbeitslosigkeit und grassierender Armut ist Thabane selbst einer der drängendsten Problemfälle.
Der 80-jährige Expremier war am Dienstag nach langem internen Machtkampf in der regierenden All Basotho Convention (ABC) zurückgetreten. Ursprung des Konflikts war der Mord an Thabanes damaliger Ehefrau Lipolelo, zwei Tage vor seiner Vereidigung zum Premier 2017. Zum Tatzeitpunkt befand sich der Politiker in einem erbitterten Scheidungskrieg mit seiner Gattin und wurde den Ermittlungen der Polizei zufolge vom Tatort aus auf seinem Handy angerufen. Thabane und seine neue Gattin Maesaiah gelten als tatverdächtig. Der Expremier berief sich jedoch bis zuletzt auf seine Immunität. Majoro hat nun bis zur nächsten Wahl zwei Jahre Zeit, das Ansehen der ABC und seiner Regierung wiederherzustellen.
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