Schlüsselfigur
Personalie
Nun ist es amtlich: Die Wahl von Luis Parra zum Parlamentsvorsitzenden ist gültig. Durch die Entscheidung des Obersten Gerichts (TSJ) in Venezuela am Dienstag verliert Oppositionsführer Juan Guaidó offiziell den Posten, von dem er und die US-Regierung seit Januar 2019 seine vermeintliche Interimspräsidentschaft ableiten.
Am 5. Januar dieses Jahres hatten die anwesenden Abgeordneten in einer chaotischen Sitzung mehrheitlich für Parra votiert. In einer zweiten Abstimmung wurde Guaidó später allerdings ebenfalls gewählt. Seitdem gibt es zwei miteinander konkurrierende Nationalversammlungen. Die wichtigen Entscheidungen trifft aber ohnehin die umstrittene Verfassunggebende Versammlung, die regierungsnah besetzt ist.
Seit 2016 sitzt der 41-jährige Parra für den nordwestlichen Bundesstaat Yaracuy im Parlament. Bis Dezember 2019 gehörte er der rechten Partei Primero Justicia an. Er gilt als eine der Schlüsselfiguren eines Korruptionsskandals, bei dem neun oppositionelle Abgeordnete regierungsnahen Geschäftsleuten dabei geholfen haben sollen, für das Lebensmittelprogramm der Regierung US-Sanktionen zu umgehen. Seit Ende 2019 kursierten Gerüchte, dass die Regierung Parlamentarier besteche, um einen anderen Oppositionskandidaten als Guaidó an die Spitze des Parlaments zu wählen. Umgekehrt warfen einige der abtrünnigen Abgeordneten Guaidó vor, ihnen für ihre Stimme Geld angeboten zu haben.
Parra hatte nach seiner Wahl betont, weiterhin in Opposition zur Regierung zu stehen. Doch kündigte er ein Ende der Konfrontationspolitik an und versucht sich seither als unabhängiger Oppositioneller zu inszenieren. Die US-Regierung verhängte gegen Parra Mitte Januar Sanktionen.
Da das Guaidó-Lager die Entscheidungen des regierungsnahen TSJ nicht anerkennt und ein eigenes »Oberstes Gericht im Exil« eingerichtet hat, ändert sich durch den jetzigen Beschluss nichts Grundlegendes. Doch nach einer Reihe politischer Rückschläge und gescheiterter Umsturzversuche gilt Guaidó auch in den eigenen Reihen als angezählt.
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