Dürre gefährdet Trinkwasser

Fehlender Niederschlag und aktive Tagebaue lassen Sulfatwerte in den Flüssen steigen

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 4 Min.

Es ist viel zu trocken in Brandenburg, die meist kargen Böden der »märkischen Streusandbüchse« sind ausgedörrt, die Grundwasserspiegel im Keller. Nun hofft man im Süden, in Spree-Neiße, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz und Dahme-Spreewald auf die zweite Wochenhälfte. Die Wettervorhersage jedenfalls stellt für diesen Mittwoch »an der Grenze zu Sachsen etwas Regen« in Aussicht, und es könnte über den Sonntag hinaus so weitergehen.

Selbst mit Gewittern und Starkregen »in der breiten Mitte« des Landes sei zu rechnen, heißt es in der aktuel᠆len Einschätzung der meteorologischen Situation. Sie ist Teil des am Dienstag vom Landesumweltamt (LfU) veröffentlichten hydrologischen Wochenberichts zur »Lage im Wasserhaushalt im Land Brandenburg«. Für die Fließgewässer ändert das vorläufig nichts an der angespannten Lage. Die Wasserstände, vor allem aber die Durchflussmengen liegen sowohl bei der Spree und ihren Zuflüssen, als auch bei der Schwarzen Elster »gleichbleibend bis leicht schwankend« meist deutlich unter den langjährigen Juni-Mittelwerten. Allerdings weckt auch diesbezüglich der LfU-Bericht verhaltene Hoffnung: »Ab dem Wochenende beziehungsweise mit Beginn der nächsten Woche bei erhöhter Schauerneigung möglicherweise steigende Wasserstände und Abflüsse«, wird dort für die Flüsse im Süden prognostiziert.

Nach zwei zurückliegenden Dürrejahren hatte das Jahr 2020 verheißungsvoll begonnen, denn im Januar hatten die Niederschlagsmengen in Brandenburg dem Langzeitdurchschnitt entsprochen, im Februar hatte es sogar ergiebig geregnet. Doch seither läuft es schlecht, der April war für Land- und Forstwirte in weiten Teilen des Landes sogar ein Totalausfall. Auch das bisschen Regen, das seit Mai herunterkam, war nicht ausreichend.

Niederschlagsbedingte Schwankungen im Wasserhaushalt der Fließgewässer sind ein bekanntes Phänomen. Um auf die Auswirkungen von Hoch- beziehungsweise Niedrigwasser reagieren und steuernd eingreifen zu können, arbeiten die Nachbarländer Brandenburg und Sachsen eng zusammen. 2018 wurde zur Bewältigung der Probleme beim gemeinsamen Wassermanagement der Fließgewässer südlich Berlins die länderübergreifende Arbeitsgruppe »Extremsituation« geschaffen. Nach dem Dürresommer 2019 hatte LfU-Sprecher Thomas Frey dem »nd« erklärt: »Die Wiederauffüllung der wasserwirtschaftlichen Speicher bis zum Frühjahr 2020 hat oberste Priorität.« Ziel sei es, die Speicher bis zum 1. April 2020 wieder komplett zu füllen.

Doch weil die Niederschläge ausblieben, sind nach Angaben des Amtes die Speicher in Sachsen und Brandenburg und dort vor allem die Talsperre Spremberg (Spree-Neiße) im Einzugsgebiet der Spree nicht vollständig gefüllt. Das hat zur Folge, dass in den zumeist aus ehemaligen oder noch aktiven Tagebauen gespeisten Reservoires weniger Wasser für die Stabilisierung der Wasserführung der Flüsse zur Verfügung steht.

Daher schlagen nun auch Umweltverbände Alarm, denn nach ihrer Einschätzung droht mit der Wasserknappheit zugleich ein Anstieg der Sulfatwerte in den Gewässern. Sie sehen eine Gefahr für das Trinkwasser. Schon jetzt würden die Richtwerte überschritten, sagte Rene Schuster von der Grünen Liga dieser Tage. Demnach seien 2020 die im Sulfaterlass des Landes festgeschriebenen 280 Milligramm pro Liter schon an mehr als 37 Tagen überschritten worden. Der Trinkwassergrenzwert für Sulfat liegt nach Angaben des LfU per Verordnung bei 250 Milligramm pro Liter im Reinwasser.

Grüne Liga, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Brandenburg und die Grünen fordern deshalb einen Nothilfeplan für das Land. Die Landesregierung sei auf die steigenden Sulfatwerte im Trinkwasser nicht genügend vorbereitet, sagte BUND-Klimaschutzreferentin Michaela Kruse.

Laut LfU werde der Grenzwert von 250 Milligramm pro Liter trotz der angespannten Wassersituation eingehalten. Der Sulfatgehalt in der Spree werde regelmäßig überwacht und bewertet. Sollte er für die Trinkwassergewinnung kritisch werden, werde das Landesbergbauamt entsprechende Maßnahmen zur Sicherung der Trinkwasserqualität ergreifen.

Die Umweltschützer fordern zudem strengere Auflagen für den Tagebaubetreiber Leag. Über die Hälfte des sulfathaltigen Wassers kommt nach Angaben des BUND aus den aktiven Tagebauen. Die einzige Möglichkeit sei, dass die Leag Maßnahmen ergreife, damit das Trinkwasser nicht gefährdet sei. Dazu gehöre auch, dass das Unternehmen die Kosten für Wasserwerke übernehme. Mit Agenturen

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