Antidemokratischer Speck-Engpass
Lyrik DES 21. JAHRHUNDERTS
Von Thilo Bock
Hundertfünfundsiebzigtausendsieben-
hundertneunundachtzig Schweineschlegel,
die bestellt in Tönnies-Fleischbetrieben,
fehlen, um nach ritueller Regel
sie woanders, im Dreiländereck
zu veredeln zur Spezialität,
dem berühmten Südtiroler Speck,
garantierte Authentizität.
Wo geräuchert wird, nicht wo das Schwein
sterben musste, gilt als Herkunft. Um
dieses kümmert sich akribisch ein
Südtiroler Speckkonsortium.
Diesmal war nichts zu zertifizieren,
nicht ein einzig’ Schweineschenkelstück
wurde italienisch. Die logieren
weiterhin in Rheda-Wiedenbrück.
In den Kühlregalen Fehlanzeige.
Nirgends gibt es Speckdelikatessen.
Und auch Bärchenwurst geht bald zur Neige.
Lecker Fleischsalat? Kannste vergessen!
Bloß weil schlecht bezahlte Schlachtgesellen
ihre Aerosole frei verteilen,
gilt es, die Ernährung umzustellen,
Urlaubsziele nicht mehr anzupeilen?
Schwer, sich nicht darüber aufzuregen!
Erst so ’n Virus, das man nicht mal sieht.
Und die Leute demonstrier’n dagegen,
denn sie glauben nicht, dass das geschieht.
Ja, ich seh’ schon: Bald verbieten sie
uns zu essen, was uns krank macht. Das
ist nicht mehr meine Demokratie!
Da versteh’ ich wirklich keinen Spaß!
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