Worte und Taten

Peter Steiniger zum Hickhack auf dem Brüsseler EU-Sondergipfel

  • Peter Steiniger
  • Lesedauer: 2 Min.

In der Not zeigt sich die Europäische Union von ihrer schlechtesten Seite. Die unkoordinierten nationalen Alleingänge in der Panikphase der Coronakrise machten vorhandene Risse nur sichtbarer. Es hat schon seinen Grund, dass Solidarität die vom EU-Führungspersonal am meisten beschworene Floskel ist. Das beweist nun ausgerechnet auch die sich am Rande eines Eklats bewegende Pokerrunde der Staatenlenker beim Brüsseler EU-Gipfel zu den Coronahilfen.

Angesichts von Millionen europäischen Bürgern, die unter den Folgen der Epidemiemaßnahmen konkret leiden müssen - die Arbeit und Einkommen verloren, deren Lebenschancen sich verringert haben -, wirkt das Gezänk zwischen ihren Repräsentanten kleinlich. Es beschädigt das Vertrauen in die Europäische Union als Institution und rettende Instanz. Jedenfalls, wenn es um Menschen statt um Banken und Profite geht. Vielleicht desillusioniert es auch nur jene, die bisher allzu blauäugig auf blaue Fahnen im Sommerwind geblickt haben. Jene, die die EU nur an Errungenschaften wie Erasmus und Strukturfonds messen und nicht auch an den dunklen Seiten ihrer Macht wie Troika und Frontex. Die EU wurde zuerst als ökonomischer Block und geostrategischer Faktor konstruiert, eine politische Einheit ist sie längst nicht.

Zwar sind nun gewaltige Summen im Spiel, doch echte Corona-Bonds als solidarischste Lösung eben nicht. Und es ist ein »Wiederaufbau« mit öffentlichen Mitteln für das systemrelevante private Eigentum. Nach den Erfahrungen mit der Finanzkrise und den Rettungsschirmen für Europas Südstaaten ist Skepsis angebracht. Brüsseler Hilfe für die Schwächeren hat sich schon einmal bezahlt gemacht: für die Stärkeren. Will die Europäische Union tatsächlich als das notwendige Korrektiv gegen Nationalismen wirken, muss endlich ihre soziale Achse errichtet, das Ziel gleichwertiger Lebensbedingungen zum ersten Anliegen werden.

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.