Unkenntnisse über eine wichtige Absicherung

Missverständnisse bei der Berufsunfähigkeitsversicherung

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Gegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit kann man sich finanziell absichern. Das sollten Sie auch tun! Denn Berufsunfähigkeit bedeutet, dass sie Ihren erlernten Beruf nicht mehr ausüben können. Erwerbsunfähigkeit bedeutet sogar, dass Sie überhaupt keinen Beruf mehr ausüben können. Zwar gibt es die gesetzliche Erwerbsminderungsrente. Diese springt unter Umständen im Notfall ein. Sie erhalten dann eine Rente, aber nur bei »voller Erwerbsminderung« - wenn sie also wegen Krankheit oder Behinderung weniger als drei Stunden täglich arbeiten können.

Die weit verbreitete private Unfallversicherung ist leider kein ausreichender Schutz, weil die meisten Menschen durch Krankheit aus dem Erwerbsleben ausscheiden und nicht durch einen tragischen Unfall. Grundsätzlich macht eine private Berufsunfähigkeitsversicherung also Sinn.

Gefahr erkannt - Gefahr gebannt?

Nein, das trifft auf die Bundesbürger mit Blick auf die Berufsunfähigkeit nicht zu, wie eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Gothaer Versicherung zeigt. Viele Bürger sind sich demnach zwar des Risikos bewusst, vorzeitig aus dem Beruf ausscheiden zu müssen, abgesichert hat sich aber nur die Hälfte der Betroffenen.

Immerhin ist die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU), wenn es um die Absicherung der Arbeitskraft geht, mit Abstand Favorit der Befragten. 62 Prozent nennen eine Berufsunfähigkeits-Police als wichtige Absicherung, noch vor einer privaten Rentenversicherung (54 Prozent), der Kfz-Vollkasko (37 Prozent) und der Krankenzusatz-Policen (33 Prozent,)

Konkret wurden die 1007 Umfrage-Teilnehmer Ende April gefragt, wie sie sich am besten gegen finanzielle Lebensrisiken absichern wollen.

Diskrepanz bei Verträgen

Schaut man allerdings darauf, welche Versicherungsverträge in Wirklichkeit abgeschlossen wurden, zeigt sich eine deutliche Diskrepanz. Das hat einen entscheidenden Grund: Das Risiko der eigenen Berufs- und Arbeitsunfähigkeit wird laut Umfrage nicht wirklich wahrgenommen. Die große Mehrheit der Befragten schätzt dieses Risiko für sich persönlich als gering oder sehr gering ein. Nur jeder Fünfte hält sein eigenes Risiko für groß.

Von den vermeintlich gut Versicherten besitzen daher lediglich drei von vier eine »klassische« Berufsunfähigkeitsversicherung. Hingegen wurden weitere Versicherungsarten abgeschlossen, die nicht den konkreten Beruf absichern, eine private Unfallversicherung etwa oder eine Krankenzusatzversicherung. Auf den hinteren Plätzen folgen noch die Erwerbsunfähigkeitsversicherung und die Grundfähigkeitsversicherung.

Corona-Pandemie erhöht den Aufklärungsbedarf

Das Umfrage-Ergebnis deutet auf weiteren Aufklärungsbedarf der Verbraucher hin. Denn bestenfalls eine (teure) BU-Police kann Status und Einkommen des tatsächlich ausgeübten Berufes einigermaßen absichern. Dem entgegen leistet die oft genannte private Unfallversicherung tatsächlich nur, wenn sich ein Unfall ereignet hat, der zu einem körperlichen Schaden führte. In der Regel erbringen die Verträge aber keine Leistung bei Krankheiten.

Hauptgrund für Berufsunfähigkeit in Deutschland sind aber mittlerweile Krebs, Gelenkverschleiß und psychische Erkrankungen. Jede dritte neue BU-Rente wird bewilligt, weil die Psyche eine Ausübung des Berufes verhindert, so der Versicherungsverband GDV. Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie dürften den seit Jahren grassierenden Trend zu psychischen Erkrankungen noch einmal verstärken.

Auch mit Blick auf den zu erwartenden Preis zeigt die Umfrage einen erheblichen Aufklärungsbedarf. So dürfte eine entsprechende Versicherung zur Absicherung der Arbeitskraft für 46 Prozent maximal bis zu 50 Euro im Monat kosten, für weitere 27 Prozent sind es immerhin 50 bis unter 100 Euro.

Nur sehr wenige Befragte wären bereit, für die Absicherung ihrer Arbeitskraft monatlich 100 bis unter 150 Euro (5 Prozent) oder 150 Euro und mehr (1 Prozent) zu bezahlen. Ein Fünftel traute sich in dieser Frage keine Einschätzung zu.

Unterschiede nach Berufsgruppen und Anbietern

Tatsächlich variieren die Kosten je nach Berufsgruppe und Anbieter gewaltig. Ein Maurer beispielsweise zahlt laut »Finanztip« im schlechtesten Fall 469 Euro, ein Ingenieur hingegen im günstigsten Fall 52 Euro monatlich. Bei Berufsunfähigkeit zahlte der Versicherer dann eine monatliche Rente von 1500 Euro.

Freilich sollten Techniker und anderer Akademiker überlegen, ab wann sie eigentlich »berufsunfähig« wären. Im Regelfall dürften sie auch nach herben Schicksalsschlägen noch in der Lage sein, ihren Job zu erledigen.

Für sitzend Tätige könnte also eine zusätzliche private Absicherung gegen Erwerbsunfähigkeit - wenn es also ganz Dicke im Leben kommt - genügen. Dagegen sind Berufe gefährdeter, die stärker körperlich fordern. Da bietet sich etwa für Maurer eine Berufsunfähigkeitsversicherung an - wenn der Preis nicht abschreckt.

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