Verfassungsfeinde unerwünscht

Innensenator stellt Konzept gegen Extremisten bei der Polizei vor

  • Philip Blees
  • Lesedauer: 3 Min.

Neben Polizeibeauftragter und Anti-Diskriminierungsgesetz stellt Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Mittwochmorgen das nächste Geschütz zur Behebung von Missständen in den Sicherheitsbehörden vor: ein Konzept zur Vorbeugung und Bekämpfung von extremistischen Tendenzen. »Die Polizei muss über jeden Zweifel erhaben sein«, erklärt der Senator dazu. Das Konzept diene auch dem Schutz aller rechtschaffenden Polizist*innen, die Vertrauen in der Bevölkerung genießen. Deshalb müsse man gegen jeden einzelnen Fall von Extremismus vorgehen.

Die Behörde habe bereits eine hohe Widerstandskraft gegen extremistische Inhalte, betont Polizeipräsidentin Barbara Slowik. »Wir tun viel.« Das Aber? »Das wird nicht folgen.« Die elf Maßnahmen des Konzepts ergänzten lediglich schon vorhandene Strategien. Begründet sei der Vorstoß, der nach und nach auch auf alle anderen Institutionen der inneren Sicherheit ausgedehnt werden soll, dennoch: Taten Einzelner brächten den gesamten Berufsstand in Verruf. Schon bevor Bewerber*innen die Polizeiausbildung aufnehmen, sollen sie demnächst auf Zuverlässigkeit überprüft werden. Dafür wird auch mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet. Feind*innen der freiheitlichen Grundordnung sollen so ausfindig gemacht werden. Die Überprüfung wird regelmäßig wiederholt.

In der Ausbildung selbst soll ein Fokus auf die Vermittlung der Grundwerte dieser Gesellschaft gelegt werden. Schon jetzt werden historisch-kritische Inhalte gelehrt, beispielsweise zur Polizei in der Nazizeit, erklärt die Polizeipräsidentin. Auch auf aktuelle Erkenntnisse zum NSU werde zurückgegriffen. Dies soll weiter ausgebaut werden.

Helfen soll dabei eine neu eingerichtete Stelle eines oder einer Extremismusbeauftragten. Er oder sie soll ansprechbar sein für Mitarbeitende, Führungskräfte und die Behördenleitung. Das Aufgabengebiet unterscheidet sich dabei grundsätzlich vom neuen Polizeibeauftragten. Denn der oder die Extremismusbeauftragte sei nur intern verantwortlich.

Liegen einmal Disziplinarverfahren gegen Beamt*innen vor, wird nun eine Farbenlehre eingeführt. Verschiedene Kategorien sollen die Verfassungstreue für die Führungskräfte sichtbar machen. Dabei geht es von Blau für keine Anhaltspunkte über das ganze Spektrum und fünf Klassen bis hin zu Orange und Rot, die für »hinreichender Verdacht fehlender Verfassungstreue« und »gesicherte Erkenntnis« stehen. In den letzten beiden Fällen sollen die Dienstkräfte entlassen werden. Eine Mitgliedschaft in einer Partei sei hierfür nicht ausreichend, betont Geisel in Hinblick auf die AfD.

Weitere Maßnahmen sollen polizeiinterne Strukturen stärken. Das anonyme Hinweisgebersystem, das momentan für die Korruptionsbekämpfung eingesetzt wird, soll auf Fälle von Extremismus ausgeweitet werden. Zuletzt möchte der Innensenat auch eine Studie ausschreiben, die sich mit Werte- vorstellungen von Polizist*innen beschäftigt. 33 Disziplinarverfahren laufen derzeit gegen Berliner Polizist*innen wegen des Verdachts auf Extremismus. Das ist bei rund 25 000 Beschäftigten eine kleine Zahl, doch nicht zu unterschätzen: Einige dieser Verfahren zielen auf die Entfernung der Beamt*innen aus dem Beruf, es geht um Hitlergrüße und verfassungswidrige Tattoos.

»Das sind alles sinnvolle Schritte«, stimmt der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Norbert Cioma dem Vorgehen des Innensenats zu. Im Konzept seien zahlreiche Ideen der Gewerkschaft enthalten. Einen Generalverdacht gegenüber Polizist*innen lehnt Cioma ab, einer wissenschaftlichen Untersuchung von Wertvorstellungen stehe er allerdings offen gegenüber, sagt er.

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