Linksfraktion fordert 35-Stunden-Woche

Brandenburger Sozialisten legen 10-Punkte-Plan vor, wie Corona-Einbrüche solidarisch zu überwinden sind

  • wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.

Dies sei »nicht das Ende eines Prozesses, sondern der Beginn«, erklärte Fraktionschef Sebastian Walter am Dienstag. Ihm war wichtig, dass seine Fraktion »als erste« ein Papier mit Maßnahmen vorlegt, mit denen nicht nur die Krise bewältigt wird, sondern auch die Möglichkeit entsteht, die Gesellschaft zu verändern. »Wir stehen vor Verteilungskämpfen, wie wir sie seit 1990 in diesem Land nicht mehr erlebt haben«, sagte Walter zur Vorstellung des Programms unter dem Titel »Zehn Chancen für eine sichere, sozial gerechte Zukunft in Brandenburg«.

Die Corona-Pandemie werde auf absehbare Zeit die Lage beeinflussen, zeigte sich Walter sicher. Die verantwortliche Politik würde viel von Solidarität reden, in der Praxis sei davon allerdings wenig zu sehen. In ihrem Programm fordert die Linke deshalb »endlich gute Löhne« für die Menschen, die in schwierigsten Zeiten einen bedeutenden Beitrag für das Funktionieren der Gesellschaft geleistet hätten. Pflegekräfte dürften nicht lediglich »mit Applaus bezahlt werden«, sondern müssten sich alle des Tariflohns sicher sein. Zu Ende gehen müsste die Zeit, in der in diesem wichtigen Bereich völlig unterschiedliche Tarife gelten. Die Töpfe der Krankenkassen seien mit Milliarden-Überschüssen gut gefüllt, erklärte der Linke-Politiker auf die Frage nach der Finanzierung dieser Forderung. Auch ein Beitrag aus dem Steueraufkommen dürfte kein Tabu sein - wie es bei der Rente schon Praxis sei.

Die Frage nach den guten Löhnen stehe angesichts der Tatsache, dass ein Drittel der Beschäftigten im Niedriglohnbereich tätig sei, im Mittelpunkt. Wenn die in Kurzarbeit fielen, dann hätten sie »60 Prozent von wenig«, was auf Dauer nicht hinnehmbar sei. »Da wird ein gutes Leben schwierig«, so der Fraktionschef. Auch nach dem Überwinden der Coronakrise werde »die Arbeitswelt eine völlig andere sein«, gab sich Walter überzeugt. Sonntagsarbeit, wie sie von der CDU vorgeschlagen wird, sei da »genau der falsche Weg«. Vielmehr sollte die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich Alltag werden.

Zur Aussage von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), die Coronakrise werde allein im Bundesland Brandenburg zu 1,5 Milliarden Euro Mindereinnahmen führen, sagte der Linke-Politiker, er gehe davon aus, dass die Einnahmeverluste wesentlich geringer ausfallen werden als derzeit behauptet. »Die gegenwärtige Landesregierung hat Geld wie keine andere vor ihr.« Man werde die nächste Haushaltsschätzung abwarten. Vor weniger als einem Jahr habe die Regierung sich mit einer Milliarde Euro neu verschuldet, sie wisse heute noch nicht genau, wie sie diesen »Zukunftsinvestitionsfonds« nutzen wolle. Mit einem »Unternehmerlohn« von 1180 Euro soll weiterhin erreicht werden, dass Selbstständige nicht in Hartz IV abrutschen. Zudem sollen alle Kommunen entschuldet werden, um sie in die Lage zu versetzen, angemessen auf Corona zu reagieren.

»Die Defizite sind durch Corona sichtbar geworden«, sagte Ko-Vorsitzende Kathrin Dannenberg, mochte aber nicht bestätigen, dass die Linke-Sozialministerinnen der Jahre 2009 bis 2019 daran Anteil hätten. Die Menschen würden erleben, dass die Grundrechte beschnitten werden, Kinder nicht zur Schule gehen, Krankenschwestern keine Schutzmasken hätten, so Danneberg. Angesichts der wichtigen Hygienemaßnahme Lüften sagte sie, es gebe Schulen, in denen sich die Fenster weder öffnen noch kippen ließen.

Dannenberg regte eine Beteiligung des Landes an öffentlichen Krankenhäusern sowie eine zentrale Beschaffung von Schutz- und Hilfsmaterial an. Zum Programm zählt auch der Prüfauftrag, inwieweit das Land eine Landes-Wohnungsbaugesellschaft gründen sollte. »Corona hat viele in die Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit oder eine Auftragsflaute gestürzt«, heißt es zur Begründung. »In solchen Zeiten werden hohe Mieten umso stärker zum Problem.« Wohnungsbaugesellschaften sollten vor diesem Hintergrund gemeinnützig werden und der Boden selbst, sofern er in öffentlicher Hand sei, in eben dieser bleiben. Hohe Einnahmeausfälle der ÖPNV-Unternehmen sollen durch Landesmittel kompensiert werden.

Die notwendigen Maßnahmen sollen in einem Sonderausschuss oder in einer beim Landtag zu bildenden Enquetekommission erarbeitet werden.

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