Büffelmozzarella in Bioqualität

Brandenburg soll Berlin gesund ernähren. Die Vermarktung ist kein Selbstläufer.

Auf dem Hof der Bobalis Agrargesellschaft mbH in Jüterbog haben die Büffel viel Auslauf. Doch es ist heiß an diesem Tag. Die Tiere drängen sich im Schatten ihres Stalls zusammen, um nicht der Sonne ausgesetzt zu sein. Etwa 2300 Liter Milch geben die Büffelkühe pro Jahr. Zum Vergleich: eine gewöhnliche Milchkuh bringt es auf 8000 Liter. Entsprechend teuer ist der Bio-Büffelmozzarella, den die Agrargesellschaft erzeugt - und der in Berlin in den Filialen einer großen Biosupermarktkette verkauft wird. Die Hälfte ihrer Produkte liefert die GmbH in die Hauptstadt, darunter Joghurt, Fleisch und Mango-Lassi. Das sahnige Getränk schmeckt auf Basis von Büffelmilch nicht so süß, wie Mango-Lassi traditionell in indischen Restaurants kredenzt wird, aber dennoch sehr gut.

Davon überzeugen kann sich Brandenburgs Agrarminister Axel Vogel von den Grünen, der diesen und andere Ökobauernhöfe bei einer Tour mit seiner Berliner Parteikollegin Margit Gottstein durch die Landkreise Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming besucht. Gottstein ist Staatssekretärin im Berliner Senat und für den Verbraucherschutz zuständig. Beide wollen sich informieren, wie Lebensmittel mit Biosiegel aus Brandenburg besser im Berliner Handel platziert werden können. Die Vermarktung sei, »wie die vergangenen drei Jahrzehnte zeigen, kein Selbstläufer«, bemerkt Minister Vogel. Gottstein macht Hoffnung. »Berlin hat im letzten Jahr eine Ernährungsstrategie erstellt, um die Ernährungswende in der Stadt voranzutreiben«, berichtet sie. »Unsere Strategie wirkt sich unmittelbar auf die Landwirtschaft in unserer Region aus, denn Berlin bildet einen großen Absatzmarkt für in Brandenburg produzierte Lebensmittel.«

Henri Henrion, Geschäftsführer von Bobalis, kaufte den Hof, den seine Ururgroßeltern gebaut hatten, 1998 zurück. Seine Frau Elke erzählt: »Mein Mann dachte sich: Was die Italiener können, können wir auch.« Los ging es mit 30 Büffelkühen und zwei Bullen aus Bulgarien. Wie man mit ihnen umgeht und aus der Milch Mozzarella macht, recherchierte das Ehepaar zunächst im Internet. Das gestaltete sich schwieriger als erwartet, und zum Glück ergab sich eine Gelegenheit, das Metier bei einem Italiener zu lernen, der sich damit auskannte. Inzwischen halten die Henrions 170 Büffel. Jeden ersten Samstag im Monat kann der Hof von 12 bis 15 Uhr besichtigt werden. Einen Hofladen gibt es hier nicht.

Dafür hat die Kanow-Mühle im Golßener Gemeindeteil Sagritz einen solchen Laden, in dem beispielsweise 100 Milliliter Leinöl für 2,80 Euro angeboten werden. Noch 2011 war der Anbau von Lein im Spreewald praktisch tot. Nun aber presst die Kanow-Mühle pro Jahr Öl aus aus 60 bis 70 Tonnen. »Leinöl ist ein relativ regionales Produkt, die Süddeutschen kennen es nicht«, sagt Geschäftsführer Christian Behrendt. Seine Mühle hat noch andere Öle im Sortiment. 20 Prozent nimmt der Handel ab, vor allem Geschäfte in der Umgebung. Ein Drittel geht über den eigenen Onlineversand raus.

»Produzieren kann jeder, aber die Akquise ist schwierig«, verrät Tino Ryll, der in Reinsdorf, knapp 20 Kilometer südlich von Jüterbog, mit seinem Bruder Ronny von der alten Maschinenstation der LPG aus wirtschaftet. Hinter den übrig gebliebenen Garagen der Werkstatt grunzen und quieken 30 Schweine in Freilandhaltung. Würde sich die Afrikanische Schweinepest in diese Gegend ausbreiten, hätten die Brüder Ryll ein Problem. Sie haben im Stall nur Platz für zehn Schweine. Die 20 anderen müssten sie schlachten und zusehen, wer ihnen das wertvolle Biofleisch noch zum Spottpreis abkauft. Denn seit die Pest bei den ersten Wildschweinen in Brandenburg auftrat, werden die hiesigen Bauern Schweinefleisch kaum noch los, selbst wenn sie ihre Tiere sehr weit weg von der Gefahrenzone halten.

Keinen Hofladen betreibt der Biohof Schöneiche, noch einmal gut 30 Kilometer weiter östlich und reichlich ab vom Schuss. Dorthin verirre sich kein Kunde, winkt Chef Heinz-Peter Frehn ab. Er erinnert sich, wie mal mit viel Aufwand eine Selbstpflücke organisiert wurde, bei der am Ende Kosten in Höhe von 800 Euro 1200 Euro Einnahmen gegenüberstanden. »Das war eine Nullnummer.«

Frehn stammt aus dem Rheinland, arbeitete früher als Lehrer und nebenher als Landwirt - als Mondscheinbauer, wie man in seiner Heimat sagt. In zwei Jahrzehnten in Südbrandenburg hat er noch kein Jahr ohne mehrere Wochen Trockenheit erlebt, aber nie sei es so schlimm gewesen wie 2020 mit Frost im Mai und Dürre im Sommer. Das führte bei der Schwarzen Johannisbeere zu einem Totalausfall. Und bei 12,5 Tonnen ausgesäter Lupine, das Saatgut gekauft für 15 000 Euro, konnten bloß 16,3 Tonnen geerntet werden. Mit den Biokartoffeln hätte es ohne Tröpfchenbewässerung der Pflanzen auf dem kargen Boden gar keinen Sinn mehr, sagt Frehn. Das Wasser wird aus 80 bis 100 Meter tiefen Brunnen entnommen. Eine Versicherung gegen Hagelschlag schloss der Chef ab. Eine Police, die auch Schäden durch Sturm, Frost und Dürre einschließt, hätte 600 000 bis 700 000 Euro gekostet. Die konnte er sich nicht leisten. »Wir müssen hoffen, dass kein Frost kommt.« Frehn wünscht sich vom Staat Unterstützung bei der Versicherung und ein Regionalsiegel. »Wenn der Porree, der aus der Pfalz kommt, in Berlin auch noch regional ist, dann läuft etwas falsch«, findet Frehn. Hier kann Agrarminister Vogel zumindest etwas in Aussicht stellen: Das Land Brandenburg plant ein Regionalsiegel.

Schweinepest

In Brandenburg ist bei mittlerweile sieben toten Wildschweinen die Afrikanische Schweinepest nachgewiesen worden.

Der erste Fall, ein Wildschwein, das auf dem Gebiet der Gemeinde Schenkendöbern (Spree-Neiße) gefunden wurde, bestätigte sich per Laborbefund am 10. September.

Die Fundorte befinden sich in Schenkendöbern und nahe von Neuzelle (Oder-Spree).

Hausschweine sind bislang in Deutschland von der Afrikanischen Schweinepest nicht betroffen.

Bei der Afrikanischen Schweinepest handelt es sich um eine schwere Virusinfektion, an der die erkrankten Tiere fast immer sterben. Für den Menschen ist das Virus aber ungefährlich.

Die Potsdamer Ministerien für Verbraucherschutz und für Landwirtschaft haben ein Info-Telefon zur Schweinepest eingerichtet. Unter der Nummer (0331) 866 56 66 werden montags bis freitags von 9 bis 13 Uhr Fragen beantwortet.

»Oberstes Ziel ist es, die Hausschweinbestände vor der Afrikanischen Schweinepest zu schützen«, erklärt Agrarminister Axel Vogel (Grüne). Er versichert, die Sorgen der Bauern sehr ernst zu nehmen.

Der Landesbauernverband fordert schnellstmöglich einen festen Zaun um das Sperrgebiet zu errichten, um die Ausbreitung der Schweinepest zu verhindern. Außerdem wünscht sich Landesbauernpräsident Henrik Wendorff einen zentralen Krisenstab. af

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