Showtime im U-Ausschuss

Ex-Gedenkstättenleiter Knabe verweigert Aussage im Abgeordnetenhaus

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 4 Min.

»Dass es so verlaufen würde, war für mich dann doch überraschend. Ein derartiges Verhalten habe ich bislang noch nicht erlebt«, sagt Christian Hochgrebe. Der SPD-Politiker ist Mitglied des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Entlassung des ehemaligen Leiters der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Grund für Hochgrebes Überraschung ist der am Dienstag geladene Zeuge: der geschasste Knabe selbst.

Im Herbst 2018 musste Knabe seinen Hut als Gedenkstättenleiter nehmen, weil er nicht entschieden genug gegen die sexuelle Belästigung mehrerer Mitarbeiterinnen durch seinen Stellvertreter Helmuth Frauendorfer eingeschritten sein soll (»nd« berichtete). Ein Umstand, der in den vorangegangenen Sitzungen von den geladenen Zeugen unterschiedlichster politischer Couleur stets aufs Neue bestätigt und mitunter durch neue Details untermauert wurde. Am Dienstag war nun Knabe an der Reihe, seine Sicht darzulegen.

Knabe wittert Maulkorb

Anders als alle Zeugen vor ihm, war Knabe vor dem parlamentarischen Gremium ohne Rechtsbeistand erschienen - dafür mit umso schlechterer Laune. Umgehend nach der Eröffnung der Sitzung schaltete er denn auch in den Attackemodus und verkündete: »Es gibt hier ein Problem.« Denn Kultursenator Klaus Lederer (Linke) - bekanntlich eine Hassfigur des 61-Jährigen - habe ihm vor der Ausschusssitzung »einen Brief« geschrieben, in dem ihm, Knabe, Vorschriften gemacht würden, was er aussagen dürfe und was nicht.

In Wirklichkeit handelt es sich bei dem »Brief« um eine »standardisierte Aussagegenehmigung« des Stiftungsrats, dessen Vorsitz Lederer innehat, wie die Ausschussvorsitzende Sabine Bangert (Grüne) erklärt. Knabe interessierte diese Belehrung wenig. Keine Aussagegenehmigung, sondern eine »Aussageverbotsliste« habe man ihm zugeschickt, ereifert sich der Ex-Gedenkstättenleiter. Er könne »hier nicht frei und umfänglich berichten«, solange er »unter dem Damoklesschwert« stehe, von Senator Lederer mit etwaigen Klagen überzogen zu werden. »Man versucht, mir hier einen Maulkorb anzuhängen«, »erst muss dieser Maulkorb vom Tisch« und »da mache ich nicht mit«, blafft Knabe den Ausschuss an. Die Ausschussvorsitzende solle gefälligst Lederer anrufen und eine umfassende Aussagegenehmigung einholen, ansonsten sage er gar nichts, droht er an.

Insgesamt dreimal wird Knabe in der folgenden Stunde ausgeschlossen, damit sich der Ausschuss intern beraten kann. Wieder hereingerufen, spult der Zeuge sein Programm jedes Mal von vorn ab. Schließlich wird es der Vorsitzenden zu bunt: Nach einer abermaligen internen Beratung wird Knabe als Zeuge entlassen, und Bangert erklärt, gegen den störrischen Ex-Direktor wegen »unberechtigter Auskunftsverweigerung« ein Ordnungsgeld in Höhe von 1000 Euro sowie die Übernahme der anteiligen Kosten für die Sitzung beim Landgericht zu beantragen. Zum 3. November soll Knabe zudem erneut vor dem Ausschuss aussagen.

»Wir wollten uns das nicht gefallen lassen«, sagt Philipp Bertram, der für die Linksfraktion im Ausschuss sitzt. Bemerkenswert sei, dass Knabes Auftritt »all das komplett bestätigt« habe, was in den vorangegangenen Sitzungen immer wieder zur Sprache gekommen sei, so Bertram zu »nd«: »Immer wenn Knabe unter Druck steht, zieht er sich argumentativ auf Nebenschauplätze und Formalitäten zurück, um nicht über die eigentliche Sachlage reden zu müssen. Er hätte heute die Chance gehabt, Stellung zu beziehen zu allem, was bisher gegen ihn im Ausschuss vorgebracht worden ist.« Diese Chance habe er vertan und stattdessen nur »Kauderwelsch« hervorgebracht.

Selbst die Opposition, die den Ausschuss durchgesetzt hat, scheint mit dem Auftritt ihres »Kronzeugen« nicht sonderlich glücklich. Mit Blick auf die nächste Fragerunde mit Knabe sagt FDP-Vertreter Stefan Förster: »Ich bin nicht sehr optimistisch, dass es etwas bringt, ihn am 3. November wieder vorzuladen.« An der Sinnhaftigkeit des kompletten Auftrags des Untersuchungsausschusses zweifelt Förster hingegen nicht.

Ausschussverlängerung bis März

Auch deshalb wollen FDP und CDU daran festhalten, den eigentlich bis Ende des Jahres befristeten Untersuchungsausschuss um weitere sechs Sitzungen bis Ende März 2021 zu verlängern. Dass diese Verlängerung mit deutlich über 100 000 Euro zu Buche schlägt, sei nun einmal so, sagt Förster lapidar: »Demokratie kostet Geld.«

SPD-Vertreter Christian Hochgrebe gibt sich in dieser Frage diplomatisch. Untersuchungsausschüsse »sind parlamentarische Minderheitenrechte«, die man nicht infrage stellen sollte. »Wenn die Kollegen von CDU und FDP meinen, das durchdrücken zu müssen, kann und will ich nicht dagegen sein.« Eine andere Frage sei freilich der Sinngehalt. Dies umso mehr, als »die juristischen Sachverhalte ja unstreitig sind«.

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