Schäden auf der Museumsinsel werden erfasst

Polizei ermittelt in alle Richtungen, um den oder die Angreifer auf die Kunstausstellungen zu finden

  • Julia Kilian und Caroline Bock
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach den Attacken auf Kunstobjekte der Berliner Museumsinsel sucht die Polizei weiter nach dem Täter. Wie groß der Schaden ist, war noch unklar. »Die Diagnosen stehen, jetzt beginnen die Einzeltherapien«, sagte Christina Haak, stellvertretende Generaldirektorin der Staatlichen Museen, am Donnerstag. Am 3. Oktober wurden mehr als 60 Objekte mit einer Flüssigkeit beschädigt. Betroffen waren das Neue Museum, das Pergamonmuseum und die Alte Nationalgalerie. Haak betonte zum Thema Sicherheit, die Maßnahmen würden der jeweiligen Lage angepasst. »Wir stehen in Dauergesprächen.« Eine 100-prozentige Sicherheit sei aber nicht möglich. Zur Frage, ob Taschenkontrollen wie im Jüdischen Museum denkbar seien, sagte sie: »Wir nehmen alles in den Blick.« Haak zeigte sich verärgert, dass die Museen durch den Vandalismus-Fall zu solchen Überlegungen gezwungen würden: »Wir wollen den Zugang und den Dialog.«

Spekulationen zum Motiv, dass ein Verschwörungstheoretiker eine Rolle gespielt haben könnte, wollten die Museen nicht kommentieren. Die Polizei hatte zuvor klargestellt, sie ermittele in alle Richtungen.

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Nach einem Zeugenaufruf seien mehrere Hinweise eingegangen, sagte ein Sprecher am Donnerstagmorgen. Das zuständige Fachkommissariat für Kunstdelikte im Landeskriminalamt ermittelt. Laut Haak waren andere Museen über informelle Kanäle über die Attacke informiert und sensibilisiert worden.

Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, fragte in der RBB-»Abendschau« am Mittwochabend angesichts der Attacke: »Was ist in unserer Gesellschaft los?« Er sprach von einer »hohen kriminellen Energie«.

Wie die Flüssigkeit aufgebracht wurde, ist nicht bekannt. Denkbar ist Parzingers Worten nach, dass jemand eine Klistierspritze im Ärmel hatte und wartete, bis das Aufsichtspersonal sich umdrehte. Die Flecken waren demnach möglicherweise nicht sofort sichtbar. Man kenne Angriffe auf Kunstwerke, aber dass die Antike zur Zielscheibe werde, sei vergleichsweise neu.

Die Polizei bittet Zeugen weiterhin, sich mit Hinweisen zu melden. Die Schäden an den Kunstobjekten waren unter Verweis auf ermittlungstaktische Gründe erst jetzt öffentlich gemacht worden.

Zuvor hatten die »Zeit« und der Deutschlandfunk berichtet. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hatte am Mittwoch auch Aufklärung zur Frage der Sicherheit gefordert. Bereits vor drei Jahren war die Berliner Museumsinsel zum Tatort geworden. Damals wurde eine riesige Goldmünze gestohlen.

Nach Meinung des Deutschen Museumsbunds ist es schwierig, Vandalismus-Fälle zu verhindern. »Man kann natürlich immer mehr Aufsichtspersonal hinstellen. Aber die Museen sollen ja eben kein Ort sein, an dem man dauernd überwacht wird«, sagte Präsident Eckart Köhne am Donnerstag im RBB-Inforadio. Viele Besucher wollten sich gerne frei bewegen. Je mehr Sicherheitspersonal zu sehen sei, desto unangenehmer werde das für den einen oder anderen. »Also da stecken wir wirklich in einer Zwickmühle«, sagte Köhne, der selbst das Badische Landesmuseum leitet.

Unter den betroffenen Objekten sind zum Beispiel die Sarkophagwanne des Nehi (18. Dynastie, um 1390-1330 v. Chr) und der Sarkophag des Propheten Ahmose (332- 330 v. Chr.). Auf diesen sind Spritzer einer Flüssigkeit zu erkennen.

Die Museumsinsel gehört seit 1999 zum Unesco-Weltkulturerbe und zieht Millionen Besucher an. Im Sommer hatten Menschen dort unter anderem gegen die Maßnahmen in der Corona-Pandemie demonstriert. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hatte sich auf einem Banner für »Weltoffenheit und demokratische Werte« ausgesprochen. »Wir wollen keinen Raum bieten für Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus und Hetze«, teilte die Stiftung damals mit.

In Medienberichten war spekuliert worden, dass die Attacke auf die Ausstellungsstücke möglicherweise durch Täter begangen worden sein könnte, die durch rechte Hetze aufgestachelt worden sind. dpa

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