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Der getriebene Kontinent

Immer neue Höchstzahlen bei Corona-Neuinfektionen in Europa / Spanien ruft Alarmzustand aus

Scharf, schärfer, am schärfsten - die Reaktionen auf die hochschnellenden Covid-19-Infektionszahlen und/oder Forderungen nach solchen befinden sich in Europa zunehmend in einer Eskalationsspirale. Immer mehr Regierungen sehen sich veranlasst, weitere Anti-Corona-Maßnahmen zu veranlassen, um das Infektionsgeschehen in ihren Ländern wieder unter Kontrolle zu bringen.

Am Wochenende durchbrach nun auch die Bundesrepublik die Schwelle von 10 000 Todesfällen im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung: Am Sonntag gab das Robert-Koch-Institut 10 032 Fälle an, nachdem die Anzahl bereits am Samstag mit 10 003 Fällen fünfstellig war. Bei den Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden gab es am Samstag einen neuen Höchstwert von 14 714 gemeldeten Fällen. Am Sonntag waren es mit 11 176 deutlich weniger, allerdings liegen an diesem Tag nicht alle Zahlen der Gesundheitsämter vor.

Als Reaktion auf diese Entwicklung rief Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrem Video-Podcast erneut dazu auf, Vorsicht walten zu lassen. »Das Gebot der Stunde heißt für uns alle: Kontakte reduzieren, viel weniger Menschen treffen«, so Merkel. »Der vergleichsweise entspannte Sommer ist vorbei, jetzt stehen uns schwierige Monate bevor.« Alle müssten Begegnungen außerhalb der eigenen Familie eine Zeitlang deutlich verringern, erklärte die Kanzlerin.

Forderung nach neuen Maßnahmen

Neben diesem Appell an die Eigenverantwortung der Bevölkerung gab es angesichts der kontinuierlich steigenden Zahlen auch Forderungen nach schärferen Anti-Corona-Maßnahmen. So mahnte etwa Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) an, zügig schärfere Gegenmaßnahmen ins Auge zu fassen. Gegenüber der »Bild«-Zeitung sagte Schwesig, die Ministerpräsidenten sollten bei ihrer am Freitag geplanten nächsten regulären Konferenz darüber beraten, »ob weitere Schritte erforderlich sind«. Gegenüber der »Bild am Sonntag« erklärte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach: »Wenn es uns in den kommenden zwei bis drei Wochen nicht gelingt, die persönlichen Kontakte zu beschränken, werden die Zahlen in wenigen Wochen so stark gestiegen sein, dass uns nur noch ein erneuter Lockdown bleibt.«

Ausgangssperren und Schließungen

Während in Deutschland derzeit vor allem vor einem solchen Lockdown gewarnt wird, ist dieser in Irland und Tschechien bereits wieder seit einiger Zeit in Kraft. In Spanien verhängte die Regierung am Sonntag den sogenannten Alarmzustand, die dritthöchste Notstandsstufe des Landes. Dieser gilt zunächst für zwei Wochen, einer Verlängerung müsste dann das Parlament zustimmen. Worauf Ministerpräsident Pedro Sánchez auch hofft, der den Notstand mit Unterstützung der Opposition bis zum 9. Mai verlängern möchte. »Spanien ist in einer extremen Lage«, so Sánchez.

In Spanien darf die Regierung nur unter der Bedingung eines Notstands die Bewegungsfreiheit einschränken, im aktuellen Fall durch eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 23 Uhr und 6 Uhr morgens. Ausgenommen davon sind nur die Kanaren, wo die Infektionszahlen zuletzt eingedämmt werden konnten. Neben der Ausgangssperre werden auch Versammlungen von mehr als sechs Personen, die nicht im selben Haushalt leben, untersagt.

Bereits am Freitag hatte Belgien, das derzeit besonders hart von der Pandemie getroffen wird, weitere Einschränkungen eingeführt. Zum Beispiel müssen alle Freizeitparks zunächst für vier Wochen schließen und an kulturellen, religiösen oder anderen Veranstaltungen im Inneren dürfen maximal 40 Personen teilnehmen, solange die Corona-Regeln eingehalten werden. Eine nächtliche Ausgangssperre wurde verfügt, dazu die Schließung von Kneipen und Restaurants. Arbeit zu Hause statt im Büro ist Pflicht, wo möglich. In Frankreich stimmte das Parlament am Samstag für eine Verlängerung des Gesundheitsnotstands bis zum 16. Februar, die abschließende Abstimmung ist für Anfang November geplant. Der Gesundheitsnotstand ermöglicht es der Regierung zum Beispiel, Maßnahmen wie etwa Ausgangssperren im Schnellverfahren umzusetzen.

In Italien müssen ab Montag bis zum 24. November Kinos, Theater, Fitnessstudios, Bäder, Skiresorts und Konzerthallen schließen, und Restaurants und Bars müssen um 18 Uhr dicht machen. Unter anderem auch in Österreich, Polen, der Slowakei, Slowenien, Dänemark und Wales gibt es weitere Verschärfungen der Anti-Corona-Maßnahmen. Mit Agenturen

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