Linken-Parteitag in Erfurt ist abgesagt

Susanne Hennig-Wellsow für virtuellen Parteitag der Linken und Briefwahl

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Linke hat den für das Wochenende in Erfurt geplanten Parteitag wegen der Corona-Pandemie endgültig abgesagt. Der Parteivorstand hatte dies am Dienstagabend entschieden. Wann und wie die eigentlich geplante Wahl einer neuen Parteiführung nachgeholt wird, ist demnach noch offen.

Als Alternative werden den Angaben zufolge drei Möglichkeiten diskutiert: Dezentrale Beratungen, eine Neuwahl des Vorstands per Briefwahl und ein nachgeholter Präsenzparteitag im kommenden Jahr. Die Linke muss turnusmäßig eine neue Parteiführung wählen.

»Auf Grund der Infektionslage zeichnete sich immer deutlicher ab, dass ein Bundesparteitag mit rund 1000 Teilnehmenden nicht verantwortungsvoll durchführbar sein wird«, erklärte Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler in Berlin. »Daher haben wir schweren Herzens beschlossen, auch den bereits auf einen halben Tag verkürzten Parteitag zu verschieben.«

Schindler sprach von der Möglichkeit, die Debatten, Reden und die Vorstellung der Kandidaten über das Internet zu organisieren oder einen dezentralen Parteitag abzuhalten. Damit mache die Partei Gebrauch von einer Änderung im Parteiengesetz, die im November in Kraft treten werde. Wann und wie der Parteitag über die Bühne gehen soll, werde der Parteitag am 7. November beraten.

Das bisherige Vorsitzendenden-Duo aus Katja Kipping und Bernd Riexinger tritt nach acht Jahren im Amt nicht erneut an. Um die Nachfolge bewerben sich die hessische Fraktionsvorsitzende Janine Wissler und die Thüringer Landeschefin Susanne Henning-Wellsow. Auch die restlichen Mitglieder des Parteivorstandes müssen neu gewählt werden.

Der Parteitag war ursprünglich im Juni geplant gewesen, wurde dann aber wegen der Corona-Pandemie auf Ende Oktober verschoben. Zuletzt war in der Partei eine Verkürzung des Delegiertentreffens auf einen Tag diskutiert worden, um wenigstens die nötigen Wahlen vornehmen zu können.

Dieser Bundesparteitag wäre mit der Neuwahl des Parteivorstandes und der Einstimmung auf den Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr ein sehr wichtiger Parteitag geworden, räumte Schindler ein. »Es ist uns als Vorstand ausgesprochen wichtig, die innerparteiliche Demokratie und Meinungsbildung möglichst vollumfänglich zu gewährleisten.« Schindler verwies darauf, dass seit einigen Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz in Erfurt über der kritischen Marke von 50 Infektionen auf 100.000 Einwohner liege.

Hennig-Wellsow für virtuellen Parteitag der Linken und Briefwahl

Die Kandidatin für die neue Doppelspitze der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, plädiert für einen virtuellen Parteitag und Briefwahl zur Bestimmung der neuen Führungsmannschaft. »Es ist richtig, dass der Parteitag an diesem Wochenende in Erfurt abgesagt ist. Ich denke, ein virtueller Parteitag ist zeitgemäß und Briefwahl eine geübte Praxis in Deutschland«, sagte Hennig-Wellsow am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt.

Ein Führungsvakuum durch die verschobene Wahl der Parteispitze, für die sie zusammen mit der Linksfraktionschefin im hessischen Landtag, Janine Wissler, antreten will, sieht Hennig-Wellsow nicht. Der bisherige Vorstand nehme seine Aufgaben wahr.

Lesen Sie auch: »Verantwortung für Mitte-links. Susanne Hennig-Wellsow appelliert an die Linke, nicht nur die eigenen Haltelinien im Blick zu haben.«

Hennig-Wellsow bezeichnete es als fraglich, ob der Parteitag noch in diesem Jahr organisierbar sei. Es sollte jedoch nicht zu viel Zeit vergehen. Auch die Briefwahl brauche Zeit. Der Parteivorstand will am 7. und 8. November darüber beraten.

Die 43-Jährige bekräftigte ihren Anspruch, die Linke regierungsfähig zu machen, wenn sie in die Doppelspitze gewählt werde. »Es ist Zeit, dass die Linke auch im Bund in der Lage ist, Verantwortung zu übernehmen«, sagte sie. In Thüringen regiert die Linke seit 2014 und ist stärkste Fraktion im Landtag. Hennig-Wellsow hat als Partei- und Fraktionsvorsitzende damit langjährige Erfahrung im Regierungsgeschäft. Sie gilt als enge Vertraute von Linke-Ministerpräsident Bodo Ramelow. Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!