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Krankfeiern mit Ankündigung: fristlose Kündigung

Arbeitsrechtsurteile

  • Lesedauer: 3 Min.

Der Lagerarbeiter war 15 Jahre für seinen Arbeitgeber tätig gewesen. Zuletzt, in den Jahren 2016 bis 2018, war er insgesamt viermal abgemahnt worden. Im Mai 2018 erhielt er dann eine ordentliche Kündigung, gefolgt von einer fristlosen Kündigung im Juni.

Diese erhielt der Mann, nachdem er gegenüber einer Kollegin angekündigt hatte, am nächsten Tag krankzufeiern. In der Tat meldete er sich am Folgetag telefonisch krank und legte seinem Arbeitgeber eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 19. Juni bis zum 13. Juli, dem Freitag vor den Betriebsferien, vor.

Gegen die außerordentliche Kündigung erhob der Mann Kündigungsschutzklage, die das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in zweiter Instanz am 6. Februar 2020 (Az. 5 Sa 123/19) zurückwies. Über die Entscheidung berichtet die AG Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Die außerordentliche Kündigung sei wirksam und habe das Arbeitsverhältnis fristlos beendet, entschieden die Richter. Sie zeigten sich mit Blick auf Verhandlungsinhalt und Beweisaufnahme überzeugt, dass der Mann die Arbeitsunfähigkeits-bescheinigung bei seinem Hausarzt mit unlauteren Mitteln erschlichen hatte.

Die Aussage des Arztes hatte ergeben, dass der Mann widersprüchliche und unwahre Angaben gemacht hatte. So hatte er etwa behauptet, eine neue Arbeitsstelle gefunden zu haben. Seinem Arzt war es daraufhin als gute Lösung erschienen, den Patienten bis zum Antritt der neuen Arbeit krankzuschreiben.

Die fristlose Kündigung sei auch unter Berücksichtigung aller Umstände und nach Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt, führte das Gericht aus. Dem Arbeitgeber sei es nicht zuzumuten, den Mitarbeiter auch nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis ohnehin geendet hätte, weiter zu beschäftigen.

Im Rahmen der Interessenabwägung sei zwar zu Gunsten des Mannes seine langjährige Betriebszugehörigkeit, sein Lebensalter von 39 Jahren und seine Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau zu berücksichtigen. Andererseits habe er aber durch seine Ankündigung krankzufeiern, eine vertrauensvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unmöglich gemacht. Eine Abmahnung sei unter den gegebenen Umständen als milderes Mittel - im Vergleich zur Kündigung - nicht in Betracht gekommen. Der Mitarbeiter habe nicht ernsthaft damit rechnen können, dass sein Arbeitgeber sein Verhalten billigen würde.

Corona-Krise: Keine Abstandskontrolle per Videoüberwachung

Zur Einhaltung von Sicherheitsvorschriften werden in Betrieben oft Videokameras installiert.

Oft gibt es Betriebsvereinbarungen dazu, da solche Maßnahmen der Mitbestimmung des Betriebsrats bedürfen. Kann der Arbeitgeber diese Daten auch nutzen, um die Einhaltung der Sicherheitsabstände zu kontrollieren und diese im Ausland bei der Konzernmutter speichern?

Ohne die Zustimmung des Betriebsrats geht das nicht. Einem Unternehmen wurde im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, per Videoüberwachung zu kontrollieren, ob die Mitarbeiter die im Rahmen der Corona-Pandemie empfohlenen Sicherheitsabstände einhalten.

Die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Wesel vom 24. April 2020 (Az. 2 BVGa 4/20).

Der Arbeitgeber ist ein Logistik- und Versandunternehmen und gehört einem internationalen Konzern. Der Arbeitgeber kontrollierte anhand von Bildaufnahmen der Mitarbeiter die Einhaltung des im Rahmen der Corona-Pandemie empfohlenen Sicherheitsabstands von mindestens zwei Metern. Dazu verwandte er die im Rahmen der Videoüberwachung erstellten Aufnahmen. Diese speicherte er anonymisiert auf Servern im Ausland.

Der Betriebsrat wollte den Arbeitgeber im Wege einer einstweiligen Verfügung wegen der Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte auf Unterlassung in Anspruch nehmen.

Das Arbeitsgericht in Wesel verpflichtete das Unternehmen, die Auswertung und Speicherung zu unterlassen. Der Betriebsrat hätte dem zustimmen müssen. Die Übermittlung der Daten ins Ausland widersprach an sich schon der Betriebsvereinbarung zur Installation und Nutzung von Überwachungskameras.

Zudem betonte das Arbeitsgericht, dass der Betriebsrat der Maßnahme hätte zustimmen müssen. Er sei durch das Verhalten der Firma in seinen Rechten verletzt worden (§ 87 BetrVG). www.dav-arbeitsrecht.de/nd

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