Werbung

Solidarität statt Abschiebung

In Berlin mahnt ein Zeltlager zu einer humanen Flüchtlingspolitik

  • Ulrike Wagener
  • Lesedauer: 3 Min.

Die vielbeschworene Einigung der EU-Länder auf eine gemeinsame Migrations- und Asylpolitik steht immer noch aus. Derweil harren über Zehntausend Menschen in Camps auf den griechischen Inseln aus und blicken einem Winter im Freien ohne Heizung und warmes Wasser entgegen. Roman Rodríguez, der Vize-Regierungschef der Kanaren, warnte jüngst vor ähnlichen Zuständen auf der Inselgruppe im Atlantik.

Um auf die menschenunwürdigen Zustände an den europäischen Außengrenzen aufmerksam zu machen, baute am Sonntag ein Bündnis der Initiativen Europe Must Act, LeaveNoOneBehind, Rethinking Refugees - Knowledge and Action, Seebrücke und SOSMoria in einer symbolischen Protestaktion das im September abgebrannte Camp Moria vor dem deutschen Bundestag für 24 Stunden wieder auf. Rund 80 Zelte wurden von den Organisator*innen bereitgestellt, die im Anschluss an die Aktion an Geflüchtete in Bosnien gespendet werden sollen. Demonstrant*innen wurden dazu aufgerufen, weitere Zelte mitzubringen und sich so am Protest zu beteiligen. Auch die Beteiligung über das Internet war - und ist am Montag weiterhin - möglich: Etwa über ein Webinar, Banneraktionen und Einträge in den sozialen Medien. Für Montagmorgen um 10 Uhr ist ein konzertierter »Twitterstorm« angekündigt.

Mit dieser entzerrten und möglichst pandemiekonformen Protestform fordern die Initiativen zum einen die schnelle Evakuierung der Flüchtlinge aus den Camps an den EU-Außengrenzen. Zum anderen richten sie sich gegen den im September vorgeschlagenen Migrationspakt der EU-Kommission, der beschleunigte Asylverfahren an den Außengrenzen und schnellere Abschiebungen abgelehnter Asylsuchender vorsieht. Osteuropäische Länder wie Ungarn haben aber auch diese Pläne abgelehnt, weil sie weiter Quoten für die Verteilung von Flüchtlingen in der EU enthalten. Auch bei dem Treffen der EU-Innenminister*innen am vergangenen Freitag konnte keine Einigung erzielt werden. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hofft dennoch auf eine Grundsatzeinigung der EU-Staaten zur Asylreform noch in diesem Jahr, ließ er verlauten.

Heike Gumz von der Initiative »Europe Must Act«sieht indessen die Idee, dass es noch eine europäische Lösung in der Asylpolitik geben wird, für gescheitert an: »Darauf sollte man nicht mehr warten. Wir brauchen stattdessen jetzt eine Gemeinschaft der willigen Staaten, die die Initiative übernehmen,« so die Sprecherin des Protestbündnisses gegenüber »nd«. »Das bestehende System funktioniert nicht länger.« So steht es selbst in einem Statement der Europäischen Kommission. Trotzdem nun den zweiten Versuch eines gemeinsamen Plans aufzusetzen - damit werde man bloß Jahre verlieren, die man für eine konstruktive Lösung hätte verwenden können, so Gumz. Statt eines »robusten« Solidaritätsmechanismus setze man auf eine »Solidarität der abschiebenden Länder«. Und damit Menschenleben aufs Spiel.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal