Mitgegangen, mitgefangen

Sebastian Bähr zu Reformplänen zum Landfriedensbruch

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

Bei den aktuellen Debatten auf der Innenministerkonferenz sticht neben Sauereien wie neuen Syrien-Abschiebungen ein Vorschlag von Herbert Reul heraus: Der NRW-Innenminister hat eine Verschärfung des Landfriedensbruch-Paragrafen gefordert. Die Polizei soll demnach künftig auch gegen Demonstranten vorgehen können, die in der Nähe von vermeintlichen »Gewalttätern« stehen und diese laut Reul so »schützen«. Der Politiker verweist zur Begründung auf jüngste Proteste der Querdenken- sowie der Klimabewegung . Die Gefahr des Vorhabens kann nicht genug betont werden.

Reuls Vorschlag wäre ein massiver Angriff auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit. Nach dem Motto »mitgegangen - mitgefangen« wäre bei Demonstrationen eine Kollektivschuld eingeführt, wo man stets für Handlungen anderer zur Verantwortung gezogen werden könnte. Bisher müssen Beamte, theoretisch, die Unfriedlichen von den Friedlichen trennen, um letzteren ihr Grundrecht zu ermöglichen. Bei einer Verschärfung wären Menschen bei jeder Demonstration verunsichert und und gingen dadurch seltener auf die Straßen. Offenbar versucht Reul die gerade begonnenen Mammutprozesse gegen G20-Protestierer in Hamburg zu flankieren. Justiz und Polizei der Hansestadt versuchen seit den Gipfeltagen 2017 ein entsprechendes Rechtsverständnis durchzusetzen.

Dass Reul jetzt den Vorschlag bringt, hat wohl noch eine weitere Ursache: Aufgrund der Pandemie gibt es nicht nur seit Monaten massive staatliche Eingriffe in Grundrechte, sondern auch eine große Unterstützung der meisten Maßnahmen durch die Bevölkerung. Dazu existiert eine bei der Mehrheit recht unbeliebte Querdenken-Bewegung, die gut als Vorwand für Verschärfungen genutzt werden kann. Treffen wird es zum Schluss jedoch auch die progressiven Bewegungen.

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