Wiederauferstehung als Ruine

Initiative will Palast der Republik wiederaufbauen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Kaum ist die Attrappe des Hohenzollernschlosses im Berliner Zentrum unter dem Namen Humboldt Forum an diesem Mittwoch eröffnet, plant eine Berliner Initiative, mit einem neuen Förderverein Palast der Republik e. V. den Wiederaufbau des bis 2006 dort stehenden Gebäudes. Und zwar im Zustand von 2005, als der 1976 eröffnete Bau nach der Entkernung infolge der Asbestentfernung sich im Innern nur noch als Gerippe aus Stahl und Beton präsentierte.

»Wir wollen einen offenen Kulturraum mitten in der Stadt und nicht den Top-Down-Ansatz des Humboldt Forums als Museum«, sagt der Künstler Clemens Schöll zu »nd«. Er ist einer der Mistreiter der Initiative, die sich die Satzung vom Verein für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses geborgt und angepasst hat. Der Palast sei ein »Meisterwerk der industriell-künstlerischen, modernen Baukunst« heißt es da beispielsweise, während in der Originalsatzung des von Wilhelm von Boddien gegründeten Vereins das Schloss als »Meisterwerk der handwerklich-künstlerischen, barocken Baukunst« bezeichnet wird. Als ersten Schritt hin zum Wiederaufbau des Palastes der Republik sollen Spenden für die Aufstellung einer Bronzereplik des Baus vor der Schlossattrappe gesammelt werden. »Wir wollen dem Schloss etwas Physisches entgegensetzen, schließlich könnte es 300 oder 400 Jahre stehen bleiben«, erläutert Schöll. Mit dieser »klassischen, ganz konservativen Geste« wolle man zeigen, dass auch ein Gebäude der Nachkriegsmoderne geschichtlich bedeutsam sein könne. »Es ist ein Repräsentant der Nachkriegsgeschichte Berlins«, so Schöll.

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Dass im Humboldt Forum Artefakte des abgetragenen Palasts gezeigt werden, halten der Künstler und seine Mitstreiter für »völlig unzulänglich«. »Es ist eine sehr distanzierte und musealisierende Darstellung. Sie wirkt nicht wie etwas, das Teil der Berliner Realität war.« Es sei schon allein deswegen nicht ausreichend, weil viele Menschen Museen nicht beträten.

Sympathie zeigt Clemens Schöll für die Initiative Schlosssprengung 2025, die ein Volksbegehren anstrengen will, um den Nachbau des Schlosses in fünf Jahren in die Luft zu jagen. Beim Zeitplan ist er jedoch großzügiger. »Man könnte dem Humboldt Forum eine Standzeit von 30 Jahren zugestehen – wie dem Palast der Republik«, sagt er. Im Jahr 2006 wurde er abgerissen.

Die Initiative hofft, dass bereits Ende nächsten Jahres genug Geld zusammengekommen sein wird, um mit der Bronzereplik des Palastes einen dauerhaften Kontrapunkt zum historisierenden Schlossneubau zu setzen.

Die Initiative Zukunft Berlin hat zur Eröffnung des Humboldt Forums in einem Offenen Brief ohne Adressaten eine deutlich weniger radikale Idee formuliert. »Die Adresse des Humboldt Forums sollte an einen großen Streiter gegen jede Form des Rassismus erinnern, ›Nelson Mandela- Platz 1‹ sollte sie lauten«, heißt es darin. Die Namensgebung wäre »Ansporn und Mahnung, diesen historischen, nationalen Ort von seinen Altlasten zu befreien«.

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