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- Kraftwerk Jänschwalde
Strom und Prozess ausgefallen
Gerichtstermin zu Blockade am Kraftwerk Jänschwalde verschoben
Für ihre Mahnwache vor dem Amtsgericht Cottbus haben die Klimaaktivisten der Gruppe Unfreiwillige Feuerwehr in einem Bollerwagen auch einen Feuerlöscher mitgebracht. Nicht nur, weil es symbolisch so schön passt, sondern weil sie angesichts der Kälte am Donnerstag in einer Tonne ein wärmendes Feuer entfachen wollen. Feuerholz haben sie auch dabei. Wer aber fehlt, ist Rechtsanwältin Anna Luczak. Sie ist krank. Weil der Prozess ohne die Verteidigerin nicht stattfinden kann, ist ihr Mandant Moritz B. den weiten Weg aus Köln umsonst angereist. Das Verfahren muss vertagt werden.
Moritz B. ist wegen Störung öffentlicher Betriebe angeklagt – im Zusammenhang mit einer Blockade von Förderbändern am Braunkohlekraftwerk Jänschwalde im September 2022. Inwiefern Moritz B. daran beteiligt gewesen ist, will er nicht sagen und sich auch sonst nicht zu den Vorwürfen äußern. Der 41-Jährige erklärt aber bei der Mahnwache, dass Blockaden von Kohlekraftwerken im Prinzip ein »legitimer Protest« seien. Heute sei genauso wie 2022 klar, dass der Kohleausstieg sofort kommen müsse und nicht erst 2038. Eine Energieversorgung ohne Kohle, Gas und Atomkraft sei »möglich und längst überfällig«.
Dass nicht länger in Sachen Kohleausstieg gezögert werden dürfe, ist auch seine Antwort auf die Frage, warum die Klimaaktivisten gerade am Kraftwerk Jänschwalde zur Tat schritten. Dort waren nämlich bereits zwei von sechs Blöcken vom Netz genommen worden, außerdem soll das Kraftwerk anders als das nur 50 Kilometer entfernt gelegene Kraftwerk Schwarze Pumpe schon 2028 komplett abgeschaltet werden. Letzteres soll indes noch bis 2038 in Betrieb bleiben.
Moritz B.s Argument: Es sei unklar, ob Jänschwalde im Zweifelsfall nicht doch länger als bis 2028 am Netz bleiben würde. Tatsächlich waren die beiden abgeschalteten Blöcke von Oktober 2022 bis März 2024 noch einmal hochgefahren worden. Das war die Zeit, in der es im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und den Sanktionen gegen Russland zu einer Energiekrise gekommen war. Für Notfälle waren die zwei Blöcke von der Lausitzer Energie AG in Reserve gehalten worden.
Dass Moritz B. einen öffentlichen Betrieb gestört haben soll, verblüfft insofern, als die Leag kein Staatsunternehmen ist, sondern zu einem tschechischen Konzern in Privatbesitz gehört. Doch das Strafgesetzbuch droht für das Stören der Versorgung mit Wasser, Licht, Wärme oder Kraft eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft an. Schon der Versuch ist strafbar und in besonders schweren Fällen ist ein Strafmaß bis zu zehn Jahren Haft möglich.
Wegen der Blockade musste das Kraftwerk seinerzeit gedrosselt werden. Lene L. von der Unfreiwilligen Feuerwehr verbucht das als Erfolg. Es sei nicht nur darum gegangen, Aufmerksamkeit zu erregen, sondern konkret CO2 einzusparen. 4800 Tonnen seien nicht ausgestoßen worden. 2022 wurden wegen der Aktion bereits zwei Aktivisten zu je vier Monaten Haft verurteilt.
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