Im Schachfieber

  • jha
  • Lesedauer: 2 Min.

Es gehört zum Medium Film, durch das geschickte Arrangement der Kameraaufnahmen etwas vortäuschen zu können, was nicht der Fall ist. So wurde »Das Damengambit«, die bisher erfolgreichste Miniserie von Netflix, unter anderem in Berlin und Umgebung gedreht - ohne dort zu spielen. Das Haus Cumberland und das Bode-Museum werden zu Pariser Hotels, das Schloss Schulzendorf zum Waisenhaus in Kentucky, die Max-Taut-Schule in Rummelsburg zur US-Highschool, das Palais am Funkturm und der Friedrichstadtpalast zu Hotels in Las Vegas und Mexiko und die Karl-Marx-Allee zur Kulisse von Moskau. Eine Stadt, doch im Film die ganze Welt. Auch wenn gelegentlich die digitale Bildbearbeitung etwas nachhelfen musste, um die glatte Kostümfilmatmosphäre der Serie nicht zu gefährden. Die bei Millionen von Zuschauern ausgelöste Begeisterung soll inzwischen gar für einen erhöhten Absatz von Schachbrettern und -Apps gesorgt haben.

Nun ist »Das Damengambit«, der Titel spielt auf eine beliebte Eröffnung an, nicht der erste Schachfilm. Allein 2016 kamen »Magnus« über Magnus Carlsen und »Bauernopfer« über Bobby Fischer heraus. Doch hat die Serie mit Beth Harmon eine Frau zur Hauptfigur, eine Seltenheit im Schachsport. Taimanow, Spasski, Ivkov, Karpow, Kortschnoi, Kasparow sind neben Fischer und Carlsen bekannte Namen. Aber Judit Polgar oder Hou Yifan? Die Serie verbindet die weibliche Protagonistin mit dem beliebten Genie-und-Wahnsinn-Thema, das sich beim Schach geradezu anbietet, gilt das Spiel doch als Ausdruck höchster Rationalität. Weder Glück noch Zufall können einem helfen, aus dem immer gleichen Beginn führt der schmale Grat allein in die Milliarden von möglichen Zügen: Vernunft gegen Komplexität. jha

Foto: Netflix

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