Offene Türen für Lobbyisten

Die Maskenaffäre der Union ist nur ein Beispiel für Mauschelei.

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 4 Min.

In der Bundespolitik gibt es nicht nur ein Problem mit Lobbyisten, sondern auch eine nicht zu unterschätzende kriminelle Energie von einigen Politikern. Anders ist es nicht zu erklären, dass Abgeordnete der Unionsparteien für Geschäfte mit Schutzmasken offenbar Geld eingestrichen haben. Am Donnerstag gab es in dem Fall die erste Verhaftung. Ein CSU-naher Unternehmer wurde festgenommen.

Die Unionsparteien versuchen mit mäßigem Erfolg, den Skandal um Korruption in den eigenen Reihen einzudämmen. Die Koalitionsfraktionen einigten sich am Freitag auf strengere Transparenzregeln für Abgeordnete. Für Einkünfte aus Nebentätigkeiten und Unternehmensbeteiligungen sollen weitreichende Offenlegungspflichten eingeführt werden. Die Konservativen haben zudem ihren Widerstand gegen die Einführung eines Lobbyregisters aufgegeben. Ein entsprechendes Gesetz wurde am Donnerstagabend vom Bundestag verabschiedet. Allerdings hat die Union erreicht, dass das Gesetz aufgeweicht wurde.

Der unter anderem vom Koalitionspartner SPD geforderte »exekutive Fußabdruck« ist nicht enthalten. Dahinter verbirgt sich die Mitwirkung von Unternehmen und Verbänden am Erarbeiten an Gesetzestexten. Wer in diesem Prozess Einfluss genommen hat, wird also weiterhin im Dunkeln bleiben.

Einige Protagonisten der Affären wie der Thüringer Ex-CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann sind nach internem Druck aus der Partei ausgetreten. Es bleibt aber der Eindruck, dass hinter den Machenschaften bei der Union ein System steckt. Das ist für die Partei besonders peinlich, weil sie selber rigide Maßnahmen fordert, um Kriminalität zu bekämpfen. Selbst bei ihrer Stammwählerschaft dürften CDU und CSU ein Glaubwürdigkeitsproblem haben. Hinzu kommt, dass sie als Krisenmanager während der Corona-Pandemie kein gutes Bild abgeben. Beim Testen und Impfen kommt die Bundesrepublik nicht sonderlich schnell voran. Dass sich Politiker in der Coronakrise auch noch bereichern, rundet das Bild einer verfehlten Politik ab.

Viele Wähler sind deswegen auf der Suche nach Alternativen. Davon profitieren Grüne, AfD und FDP. Die Grünen liegen laut einer Erhebung der Forschungsgruppe Wahlen mit 23 Prozent nur fünf Prozentpunkte hinter der Union.

Allerdings gibt es berechtigte Zweifel daran, dass andere Parteien weniger anfällig für Mauscheleien und die Zusammenarbeit mit dubiosen Lobbyisten sind als die Konservativen. Auch in der SPD gibt es viele unrühmliche Beispiele. Für die Mithilfe bei der Bankenrettung bekam einst die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer ein Beraterhonorar in Höhe von 1,8 Millionen Euro. Verantwortlich hierfür war Peer Steinbrück, der von 2005 bis 2009 Bundesfinanzminister war. Nach seinem Ausscheiden aus diesem Amt strich der Sozialdemokrat für einen Vortrag bei der zuvor unter seiner Leitung beauftragten Kanzlei 15 000 Euro Honorar ein. Die Liste der SPD-Politiker, die nach ihrer Karriere fragwürdigen Engagements nachgegangen sind, die sie vermutlich schon während ihrer Amtszeit vorbereitet haben, ließe sich fortsetzen - vom einstigen Kanzler Gerhard Schröder, der zu Gazprom wechselte, bis zum früheren Bundesminister Sigmar Gabriel, der auf einmal beim weltweit agierenden Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte sein Geld verdiente.

Bei der FDP gehört die Nähe zur Wirtschaft zur DNA der Partei. Als sie noch im Bund mitregierte, erhielt die Partei eine hohe Spende eines Hotelunternehmers und trieb Steuersenkungen für Hoteliers voran, die Anfang 2010 in Kraft traten. Dass ein Zusammenhang zwischen Spende und Steuersenkung bestand, dementierten die Freien Demokraten.

Die Grünen haben das Glück, dass ihre Lobby-Geschichten noch länger zurückliegen. So verdingte sich Joschka Fischer, nachdem er nicht mehr Außenminister war, als Lobbyist für wenig ökologische Unternehmen wie BMW. Rezzo Schlauch warb nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag im Auftrag einer Agentur, die dem heutigen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan unterstellt war, für Investitionen in der Türkei. In seiner Zeit als Politiker hatte Schlauch 2004 Panzerlieferungen an das Regime in Ankara befürwortet. Damals war er Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium.

Dieser Fälle zeigen, dass es zwar immer wieder Hinweise auf Mauscheleien gibt, diese aber nicht immer belegt werden können. Die Einführung eines Registers, in das sich die Lobbyisten künftig eintragen und Angaben über ihre Auftraggeber machen müssen, klingt auf den ersten Blick nach einer guten Maßnahme, wird aber künftige Affären nicht verhindern.

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