• Berlin
  • Zweckentfremdungsverbot

Verbot bremst Airbnb kaum

Nur jedes zehnte Berliner Ferienapartment ist bei den Behörden registriert

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Nur rund jedes zehnte Ferienapartment, das in Berlin über Airbnb vermietet wird, ist bei den Bezirken auch registriert. Mit Stand Ende 2020 »wurden 2275 Wohnungen zur Nutzung als Ferienwohnung genehmigt. Davon 1688 mit Registriernummer in einer Haupt- oder Nebenwohnung«, heißt es in der Antwort der Stadtentwicklungsverwaltung auf eine »nd« exklusiv vorliegende Schriftliche Anfrage der Linke-Politikerin Katalin Gennburg. Wer weniger als die Hälfte seiner Wohnung kurzzeitig vermietet, benötigt nur eine Registriernummer, aber keine Genehmigung. Laut der Webseite insideairbnb.com, die die Vermietungsplattform Airbnb auswertet, waren Ende Februar in der Hauptstadt mehr als 10 700 Wohnungen und über 11 500 einzelne Räume inseriert.

Somit dürfte trotz inzwischen zwei Novellierungen des 2014 in Kraft getretenen Berliner Zweckentfremdungsverbotsgesetzes nach wie vor nur ein Bruchteil der Inserate legal sein – ganz abgesehen davon, dass auch gesetzeskonforme Angebote nicht als Wohnraum zur Verfügung stehen.

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Eine aktuelle Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) belegt den großen Einfluss von Airbnb auf den Wohnungsmarkt. »Wenn eine ganze Wohnung oder ein Haus auf Airbnb angeboten wird, dann steigt die Miete in einer neu angebotenen Wohnung in der Umgebung um monatlich zehn Cent pro Quadratmeter«, sagt Tomaso Duso vom DIW Berlin. Betrachte man nur Inserate, die dauerhaft buchbar sind, seien es sogar 13 Cent pro Quadratmeter. Obwohl nur etwa 1,2 Prozent aller knapp zwei Millionen Berliner Wohnungen auf Airbnb gelistet sind, sei das im Vergleich zu den rund 19 000 im Jahr 2019 fertiggestellten Neubauwohnungen ein relevanter Anteil, so Duso.

»Deutlich, aber doch ziemlich kurzfristig« seien die Effekte des Gesetzes und der Novellierungen gewesen, so Ökonom Duso. Zunächst seien die Angebote um rund 30 Prozent zurückgegangen. »Nach ein paar Monaten stiegen sie aber weiter.« Ähnlich sei es nach einer Novellierung 2018 gewesen.

Rot-Rot-Grün versucht mit einer erneuten Novellierung des Zweckentfremdungsverbots gegenzusteuern. Der Senat hat im Februar einen Entwurf der Stadtentwicklungsverwaltung dafür beschlossen (»nd« berichtete). Doch nicht nur bei den Fachpolitikerinnen der Koalitionsfraktionen, sondern auch von einzelnen Bezirken hagelt es Kritik, wie aus der »nd« vorliegenden Synopse der bezirklichen Stellungnahmen hervorgeht.

Friedrichshain-Kreuzberg bemängelt etwa, dass keine »umfassende Novellierung« vorgenommen werde, »sondern primär die Verschärfung in Bezug auf die Registriernummer«. Diese soll auch für Gewerberäume beantragt werden müssen. Das Zweckentfremdungsverbot sei »nur für nicht öffentlich geförderte Wohnräume einschlägig«, kritisiert Steglitz-Zehlendorf. Auch Pankow hält die »Erweiterung der Anzeigepflicht auf Nichtwohnraum« für »rechtlich bedenklich«.

Die Stadtentwicklungsverwaltung ficht das nicht an. »Kommen die Gewerbetreibenden ihrer Impressumpflicht nach und entfällt in diesen Fällen bei Angabe der Lage der Wohnung die Pflicht zur Angabe einer Registriernummer, ist keine Einschränkung der Gewerbeausübung gegeben«, heißt es. Somit wäre eine Registrierung dafür keine Pflicht.
»Wir müssen ernsthaft über die Wirkungsweise der Registriernummern reden«, sagt Katalin Gennburg gegenüber »nd«, Sie ist Sprecherin für Stadtentwicklung und Tourismus der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. »Wir sollten die wertvolle Zeit der Behördenmitarbeiter nicht verschwenden für die Ausstellung weiterer Registriernummern«, fordert sie. Zumal das System »eine Erfindung von Airbnb« sei. »Wir brauchen die Einzelfallprüfung«, so Gennburg.

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