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Bidens neuer Ansatz
Birger Schütz über neue US-Sanktionen gegen Moskau
Auf den ersten Blick wirkt Joe Bidens Streich gegen Russland hart und unversöhnlich: Mitten in der Ukraine-Krise weist der US-Präsident, der Putin kürzlich öffentlich als »Killer« bezeichnete, zehn russische Diplomaten aus und verhängt strikte Sanktionen gegen sechs russische Technologiefirmen sowie mehr als 20 Personen und Organisationen. Noch schlimmer: Der Mann im Weißen Haus macht eine lange angekündigte Drohung wahr und verbietet US-Anlegern den Kauf russischer Staatsanleihen. Für Moskau wird es somit schwieriger, auf den Finanzmärkten an frisches Geld zu kommen. Kommentatoren sind sich einig: Es sind die schärfsten Sanktionen seit 2018 - nach der Vergiftung von Ex-Agent Sergej Skripal in England.
Entsprechend frostig war die Reaktion aus Moskau: Der amerikanische Botschafter wurde einbestellt, Außenamtssprecherin Maria Sacharowa kündigte Gegenmaßnahmen an. Doch bei genauem Blick ist Bidens Sanktionsschwert gar nicht so scharf. Noch zu Beginn der Woche suchte er die Verständigung mit Moskau und schlug Präsident Wladimir Putin telefonisch ein Gipfeltreffen in einem neutralen Drittstaat vor.
Auch die Sanktionen sind zwar unangenehm, aber nicht verheerend: Russland ist weniger auf Erlöse aus Staatsanleihen angewiesen als westliche Länder, die staatliche Reserven reichen vorerst. Sendet Biden also widersprüchliche Signale? Keineswegs! Denn die Strafmaßnahmen sind keine Reaktion auf den russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze - sondern eine Vergeltung für die Einmischung in den US-Wahlkampf, welche Washington Russland vorwirft.
Biden offenbart damit einen neuen Ansatz der amerikanischen Russland-Politik, der erheblichen Druck mit der Suche nach Verständigung verbindet. Offen ist, wie Moskau darauf reagiert.
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