Der Widerwillige

US-Botschafter John Sullivan kehrt Moskau kurzfristig den Rücken

  • Birger Schütz
  • Lesedauer: 2 Min.

Es war eine bemerkenswert undiplomatische Ansage: Wenn Putin wolle, dass er gehe, müsse er ihn schon zwingen. Mit diesen Worten zitierten russische Nachrichtenagenturen am Dienstagmorgen US-Botschafter John Sullivan aus Moskau. Das Zitat stammt aus einem Bericht der amerikanischen Nachrichtenseite »Axios«, welche zuvor mit Menschen aus dem Umfeld des Botschafters gesprochen hatte. Sullivan war in der vergangenen Woche ins russische Außenministerium einbestellt worden. Dort hatte man dem 61-Jährigen dringend empfohlen, die Heimreise anzutreten, um in Washington Konsultationen zu führen. Damit reagierte die russische Regierung auf die neuen US-Sanktionen vom vergangenen Freitag; Moskau hatte seinen Botschafter Anatoli Antonow bereits vor einem Monat aus den USA abgezogen. Doch Sullivan, Neffe des letzten amerikanischen Botschafters in Teheran vor der Islamischen Revolution von 1979, blieb stur – und ignorierte die Forderung.

Dabei hatte er das diplomatische Protokoll auf seiner Seite, welches offizielle Rückrufanfragen nur für Menschen vorsieht, die vorher in ihren Gastländern offiziell zur unerwünschten Person erklärt wurden. So konfrontativ war der im Januar 2020 von Ex-Präsident Donald Trump entsandte US-Chefdiplomat in Russland allerdings nicht immer. So erklärte Sullivan zu Beginn seiner Dienstzeit in Moskau, er werde alles tun, um die angespannten Beziehungen zwischen beiden Ländern zu verbessern. Zusammenarbeit sei eine »absolute Notwendigkeit«, befand Sullivan, der nach seinem Outing als jahrzehntelanger Fan des russischen Eishockeysports von Moskauer Zeitungen immer wieder für seine Hockey-Diplomatie gelobt wurde.

Am Dienstagmittag gab die US-Botschaft bekannt, dass Sullivan noch in dieser Woche zu Konsultationen in die USA reisen solle. Er plane jedoch innerhalb weniger Wochen zurückkehren, vor einem möglichen Gipfeltreffen der Präsidenten der beiden Länder.

- Anzeige -

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -