• Politik
  • Corona und soziale Folgen

Nach Jahrzehnten des Rückgangs: Kinderarbeit nimmt weltweit wieder zu

Unicef-Chefin Henrietta Fore: »Wir verlieren an Boden im Kampf gegen die Kinderarbeit.«

  • Lesedauer: 2 Min.

Genf. Erstmals seit zwei Jahrzehnten haben internationale Organisationen wieder einen Zuwachs bei der Kinderarbeit verzeichnet. Zu Beginn des Jahres 2020 waren einem am Donnerstag veröffentlichten Unicef-Bericht zufolge rund 160 Millionen Kinder weltweit Opfer von Kinderarbeit - 8,4 Millionen mehr als vier Jahre zuvor. Durch die Corona-Pandemie dürfte sich die Lage demnach noch deutlich verschlimmern.

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) beschreiben in ihrem alle vier Jahre erscheinenden Bericht eine dramatische Umkehrung eines jahrelangen Abwärtstrends: Zwischen 2000 und 2016 hatte die Zahl der Opfer von Kinderarbeit um 94 Millionen abgenommen.

Prozentual lag der Anteil Kinder in Kinderarbeit Anfang 2020 den Angaben zufolge zwar auf demselben Niveau wie 2016. Durch das Bevölkerungswachstum ergebe sich aber eine bedeutende nominale Zunahme.

»Wir verlieren an Boden im Kampf gegen die Kinderarbeit«, sagte Unicef-Chefin Henrietta Fore. Die Covid-19-Krise mache eine schlechte Situation nun noch schlimmer. Sollten die jüngsten Prognosen über den Anstieg der Armut aufgrund der Pandemie eintreten, werden laut Unicef bis Ende 2022 weitere neun Millionen Kinder in die Kinderarbeit gedrängt.

Statistische Modellierungen zeigen, dass diese Zahl noch bedeutend höher ausfallen könnte. »Als Ergebnis von Sparmaßnahmen und anderen Faktoren, könnte die Zahl der Kinder in Kinderarbeit bis zum Ende des nächsten Jahres um (zusätzliche) 46 Millionen steigen«, sagte die Unicef-Statistikspezialistin Claudia Cappa der Nachrichtenagentur AFP.

Insgesamt machen dem Bericht zufolge Fünf- bis Elfjährige mehr als die Hälfte der Opfer von Kinderarbeit aus. Knapp zwei Drittel aller Kinderarbeiter sind Jungen. Der Anteil Mädchen steigt allerdings erheblich, wenn Arbeiten im eigenen Haushalt eingerechnet werden.

Unicef und ILO heben besonders die Lage von Kindern in Afrika südlich der Sahara hervor. Dort habe es mit zusätzlich 16,6 Millionen Kinderarbeitern den größten Anstieg gegeben. Grund seien wiederkehrende Krisen, extreme Armut und unzureichende soziale Schutzmaßnahmen. Fast ein Viertel der Kinder im Alter von fünf bis 17 Jahren in der Region werden als Kinderarbeiter eingestuft - verglichen mit 2,3 Prozent in Europa und Nordamerika.

Der Sektor, in dem Kinderarbeit am häufigsten auftritt ist dem Bericht zufolge die Landwirtschaft, auf die 70 Prozent der weltweiten Gesamtzahl, also 112 Millionen Kinder, entfallen. Etwa 20 Prozent der Kinderarbeit findet im Dienstleistungssektor statt und rund 10 Prozent in der Industrie. AFP/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal