Studie: Vollständige Impfungen wichtig gegen Delta-Variante

Pharmaunternehmen Pfizer und Biontech wollen Zulassung dritter Dosis beantragen

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Berlin. Die nun auch in Deutschland vorherrschende Delta-Variante des Coronavirus scheint im Laborversuch Antikörpern von Erstgeimpften und ungeimpften Genesenen teilweise zu entkommen. Darauf liefert eine Studie im Fachblatt »Nature« weitere Hinweise.

In den Experimenten seien die nach einer Einzeldosis von Biontech/Pifzer und Astrazeneca gebildeten Antikörper kaum in der Lage gewesen, an die in Indien entdeckte Mutante zu binden und sie unschädlich zu machen, berichten Forscher um Olivier Schwartz vom Institut Pasteur in Paris. Eine effiziente Reaktion gegen Delta hätten beide Vakzine erst nach der zweiten Dosis hervorgerufen - bei 95 Prozent der Personen (nach einer Dosis: 10 Prozent).

Auch Antikörper in Blutproben von ungeimpften Genesenen sind laut der Studie im Vergleich zur bisher vorherrschenden Variante Alpha weniger gut in der Lage, an Delta zu binden. Nach Analysen von Proben von Genesenen, die bereits eine Impfung erhalten hatten, schreiben die Forscher, die Ergebnisse deuteten stark darauf hin, dass ein solcher Booster Genesene höchstwahrscheinlich gegen eine Vielzahl zirkulierender Virusstämme schütze, darunter Delta.

Ergebnisse aus derartigen Laborexperimenten können nicht unmittelbar auf den Impfschutz in der Praxis übertragen werden. Das Autorenteam schreibt, die untersuchten Spiegel sogenannter neutralisierender Antikörper würden jedoch als starker Hinweis auf den Immunschutz gegen symptomatische Corona-Infektionen gelten. Das menschliche Immunsystem wehrt sich nicht nur mit Antikörpern gegen Krankheitserreger, es gibt auch noch eine zelluläre Immunität.

Wie die Forscher weiter berichten, ist Delta resistent gegen manche der im Labor hergestellten Antikörper-Präparate, darunter Bamlanivimab. Derartige Therapien werden mancherorts bei Risikopatienten zu Beginn der Infektion verwendet, um einen schweren Verlauf von Covid-19 abzuwenden. Zumindest in Deutschland sind sie aber noch nicht in der Breite im Einsatz.

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Die Delta-Variante war zuerst in Indien entdeckt worden und hat sich in vielen Ländern weltweit ausgebreitet. Sie gilt als deutlich ansteckender als bisherige Varianten und ist von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als besorgniserregend eingestuft worden. Sie weist mehrere Veränderungen am sogenannten Spike-Protein auf, mit dem das Virus menschliche Zellen entert.

Pfizer und Biontech wollen Zulassung dritter Dosis beantragen

Zeitgleich mit Bekanntwerden der Studienergebnisse haben die Impfstoffhersteller Biontech und Pfizer bekannt gegeben, bald die Zulassung für die Verabreichung einer dritten Dosis ihres Corona-Impfstoffs beantragen zu wollen. Die beiden Unternehmen planen nach eigenen Angaben vom Donnerstag, »in den kommenden Wochen« entsprechende Daten bei der US-Behörde FDA, der Europäischen Arzneimittel-Agentur Ema und weiteren Zulassungsbehörden einzureichen.

»Obwohl der Schutz gegen schwere Erkrankungen sechs Monate lang hoch bleibt, ist mit einer Abnahme der Wirksamkeit gegen symptomatische Fälle im Laufe der Zeit und dem Auftreten von Varianten zu rechnen«, erklärten die beiden Unternehmen. Deshalb könnte eine dritte Dosis sechs bis zwölf Monate nach der ersten Impfung erforderlich sein.

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Erste Daten einer Studie zeigen demnach, dass eine dritte Impfung mit dem Biontech-Vakzin die Menge an Antikörpern um das fünf- bis zehnfache erhöht. Die Unternehmen rechnen den Angaben zufolge auch damit, dass eine dritte Dosis zuverlässig bei der hochansteckenden Delta-Variante des Coronavirus wirken wird.

Die deutsche Firma Biontech arbeitet derzeit außerdem an einem Impfstoff, der speziell vor der Delta-Variante schützen soll. Die ersten Proben sind in einem Werk in Mainz in Produktion. Die klinischen Studien könnten nach Angaben von Biontech und seines US-Partners Pfizer im August beginnen. Agenturen/nd

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