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Wenn das Girokonto ungewollt Geld frisst, ohne es abzuheben

Was sind Strafzinsen und was kann der Bankkunde dagegen tun?

  • Lesedauer: 3 Min.

In den Medien ist häufig von Strafzinsen die Rede. Was ist das genau und was kann ich als Bankkunde dagegen tun?
Leon G., Berlin

Im Oktober 2014 führte erstmals eine deutsche Bank Strafzinsen für Sparer ein. Was damals für aufgeregte Diskussionen sorgte, ist heute Normalität: Inzwischen erheben in Deutschland über 370 Banken und Sparkassen Strafzinsen von ihren privaten Bankkunden. Bei einem Strafzins handelt es sich um einen negativen Zinssatz.

Zum Hintergrund: Im Juni 2014 verkündete die Europäische Zentralbank (EZB) erstmals einen negativen Einlagenzins von 0,1 Prozent. Seitdem zahlen Banken Zinsen an die EZB, um ihr Geld dort zu deponieren. Es folgten weitere Absenkungen des Einlagenzinssatzes auf minus 0,4 und schließlich minus 0,5 Prozent seitens der EZB - Geld einzulagern wurde für Geschäftsbanken also immer teurer.

Die Idee hinter der Geldpolitik der EZB ist es, Banken dazu zu bringen, möglichst viel Geld in Form von Krediten an Kunden auszugeben, um so die Wirtschaft anzukurbeln. Durch die Ausgabe von billigen Krediten an Kunden entsteht den Banken ein Risiko: Beendet die EZB ihre Niedrigzinspolitik, werden die Geschäftsbanken sich nach der Vergabe vieler günstiger Kredite zu höheren Zinsen wieder refinanzieren müssen. Die Banken reichen die Strafzinsen der EZB deshalb an ihre Kunden weiter - als Strafzins, Negativzins oder Verwahrungsentgelt.

In einem Verfahren vor dem Landgericht Leipzig bestätigte das Gericht diese Praxis einer Sparkasse als »rechtmäßig«. Es dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass den Banken durch die Zahlung von Einlagezinsen bei der EZB für die Verwahrung von Geldern auf den Girokonten »erhebliche finanzielle Belastungen entstehen«, so das Gericht. Das gelte auch für Sparkonten.

Ab welchem Kontoguthaben und in welcher Höhe der Strafzins fällig wird, ist verschieden. Meist gibt es einen Freibetrag zwischen 25 000 und 100 000 Euro. In der Regel beträgt der Satz minus 0,5 Prozent und orientiert sich somit am Einlagenzins der EZB. Es gibt jedoch auch Banken, die einen Strafzins von bis zu minus 0,75 Prozent kassieren - und dies in manchen Fällen bereits ab niedrigen Freibeträgen von 10 000 Euro und in wenigen Fällen bereits ab dem ersten Euro Guthaben.

Es gibt einige Möglichkeiten, die Strafzinsen zu vermeiden, beispielsweise durch zusätzliche Bankkonten. Die meisten Banken erheben Strafzinsen erst ab einem Guthaben oberhalb eines gewissen Freibetrags. Es kann deshalb sinnvoll sein, das Vermögen auf mehrere Konten zu verteilen, um somit jeweils unter dem gültigen Freibetrag zu bleiben. Es kann auch sinnvoll sein, einen Teil des Geldes anders anzulegen als auf einem Girokonto, beispielsweise als Wertpapier, ETF-Sparplan oder Tages- und Festgeldkonto. Eine weitere Option ist der Wechsel zu einer Bank, die Konten ohne Strafzins anbietet. Dabei ist es wichtig, die Konditionen der neuen Bank genau zu prüfen.

Eine Liste der Geldinstitute mit ihren jeweiligen Negativzinsen gibt es unter anderem bei Verivox. Auch das Finanzportal Biallo bietet einen Überblick. Mehr Infos sind bei Finanztip.de nachzulesen. nd-Ratgeberredaktion

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