Ist Warten ohne Ende hinzunehmen?

Rechte der Verbraucher bei Lieferverzögerungen

  • Lesedauer: 2 Min.

Auch die mehrfachen Anrufe im Möbelhaus haben nichts gebracht. Immer nur Vertröstungen. Stressig wird das Ganze, wenn der Neukauf im Rahmen eines geplanten Umzuges oder einer Neueinrichtung erfolgte und die alten Möbel im Vertrauen auf die pünktliche Lieferung bereits verkauft oder entsorgt worden sind.

Dieses Szenarium des endlosen Wartens betrifft nicht nur Käufe vor Ort, auch im Online-Handel kommt es wiederholt zu Lieferverzögerungen und die betreffen verschiedene Branchen. Aber was können Betroffene tun? Auskunft über die Verbraucherrechte gibt die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt (vzsa).

Kaufsachenmangel

Was muss man tun, wenn die Kaufsache mangelhaft ist? Wer im stationären Handel gekauft hat, sollte zunächst mit dem Verkäufer Kontakt aufnehmen, um den festgestellten Mangel anzuzeigen. Dabei kann der Käufer nach eigener Wahl im Rahmen der sogenannten Nacherfüllung Ersatz oder Reparatur verlangen. Das ist oft schwer und zeitaufwendig, denn dem Verkäufer muss man die Gelegenheit einräumen, die Kaufsache zu überprüfen.

Hinsichtlich des Nacherfüllungsverlangens ist der Verkäufer dazu nicht verpflichtet, bevor die Prüfung nicht den angezeigten Mangel bestätigt hat und somit ein Sachmangel im Sinne des Gewährleistungsrechts vorliegt.

Unstrittig entstehen dem Verkäufer für den »Überprüfungsaufwand« Kosten. Deshalb werden Käufer mit Verweis auf die AGB oft aufgefordert, einen Reparaturauftrag mit Überprüfungspauschale zu unterzeichnen. Eine AGB-Klausel mit Aufwandsentschädigung ist unrechtmäßig. Denn die Überprüfung der Kaufsache darf nicht mit Kosten für Käufer verbunden sein. VZB/nd

Zunächst sollte geprüft werden, was im Vertrag und sogenannten Kleingedruckten, den AGB, zur Lieferfrist vereinbart wurde. Davon ist abhängig, ob dem Verkäufer eine Nachfrist für die Lieferung gesetzt werden muss. Das ist grundsätzlich nicht erforderlich, wenn ein genauer Liefertermin vereinbart wurde, der nach dem Kalender bestimmt ist: zum Beispiel Liefertermin 10. August 2021 oder Lieferung in der/ bis zur 30. Kalenderwoche.

Haben Betroffene in diesen Fällen kein Interesse mehr an der Lieferung der Ware, können sie den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Damit sind sie nicht mehr verpflichtet, die bestellte Kaufsache abzunehmen, zu bezahlen, oder erhalten eine geleistete Anzahlung zurück.

Die Erfahrungen der Betroffenen belegen jedoch, dass eher selten konkrete Liefertermine vertraglich vereinbart werden. Dann ist vor einem Rücktritt zunächst eine Nachfristsetzung notwendig. Diese sollte möglichst schriftlich und nachweisbar (Einwurfeinschreiben) an den Verkäufer gesandt werden. Unverbindliche Kundengespräche mit dem Servicecenter sind hier nach Auffassung der Verbraucherzentrale oft unverbindlich und damit wenig zielführend.

Die Länge der gesetzlich geforderten »angemessenen Nachfrist« lässt sich nicht pauschal für alle Fälle angeben. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Nachfrist wesentlich kürzer sein darf als die ursprünglich vereinbarte Lieferfrist.

Aber was nützt es, aus dem Vertrag auszusteigen, wenn beim nächsten Verkäufer wieder eine lange Lieferfrist zu befürchten ist und mit dem langen Warten von vorn begonnen werden muss? In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, am alten Vertrag festzuhalten und vom Verkäufer Ersatz des Schadens zu verlangen, der durch die verspätete Lieferung entstanden ist oder noch entsteht. vzsa/nd

Fragen zu Nachfristsetzung, Rücktritt oder Schadenersatzansprüche beantwortet die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt online, telefonisch und in den Beratungsstellen persönlich vor Ort. Das landesweite Servicetelefon der Verbraucherzentrale ist unter (0345) 29 27 800 für Auskünfte und Terminvereinbarungen zu erreichen. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.verbraucherzentrale-sachsen-anhalt.de.

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