Keine Lust auf Rot-Rot-Grün

Der Thüringer SPD-Chef Georg Maier steht nach Äußerungen über ein mögliches Mitte-links-Bündnis auf Bundesebene in der Kritik

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.

Nachdem der Vorsitzende der Thüringer SPD, Georg Maier, vor der Bildung einer rot-rot-grünen Koalition im Bund gewarnt hat, haben sich über die Parteigrenzen hinweg zahlreiche Politiker aus dem Mitte-links-Lager kritisch zu dieser Aussage geäußert. Selbst innerhalb der Landes-SPD ist die Aussage Maiers ziemlich umstritten, die nach Informationen dieser Zeitung mit anderen Spitzenvertretern der Partei nicht abgestimmt war und viele Sozialdemokraten kürzlich unvorbereitet erwischt hat. Auch aus der SPD-Parteizentrale in Berlin soll Maier wegen seiner Äußerungen einen eher unfreundlichen Anruf erhalten haben.

Bezeichnend für diese Stimmung innerhalb der Partei ist unter anderem, dass die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Diana Lehmann sich nicht schützend vor Maier stellt. »Ich kommentiere das nicht«, sagte Lehmann auf Anfrage. Sie gehört zum linken Parteiflügel der Sozialdemokraten. Der Vorsitzende der Thüringer Jusos, Oleg Shevchenko, wurde deutlicher: Die Aussage Maiers verwundere ihn, sagte er. »Ich halte das nicht für ganz repräsentativ dafür, was die Partei denkt.« Zumindest die Jusos, die immerhin ein Viertel der SPD-Mitglieder ausmachten, hätten zu einer rot-rot-grünen Koalition eine andere Haltung als Maier.

Dieser hatte zuvor der Deutschen Presse-Agentur gesagt: »Ich kann auf Bundesebene nicht wirklich dazu raten, ein Bündnis mit der Linken einzugehen.« Zu dieser Partei sei das Verhältnis der SPD nicht immer einfach. »Im Innenausschuss habe ich das Gefühl, dass die eigentliche Opposition oft auch in den Reihen der Koalition zu suchen ist«, sagte Maier, der seit 2017 auch Thüringer Innenminister. Er streitet sich regelmäßig mit der Linken zum Beispiel über den Verfassungsschutz und die Ausrüstung der Polizei. Dass Maier inzwischen stellvertretender Ministerpräsident der rot-rot-grünen Koalition im Freistaat ist und trotzdem dermaßen gegen Rot-Rot-Grün wettert, verleiht seinen Worten eine besondere Bedeutung. Die SPD regiert in Thüringen seit 2014 gemeinsam mit Linken und Grünen.

Auch aus den Reihen der Grünen gab es heftige Kritik an Maier - umso mehr, weil er auch gesagt hatte, er wünsche sich ein rot-grünes Bündnis im Bund. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Laura Wahl schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter, die Äußerungen Maiers zeigten, dass die SPD im Zweifel doch wieder eine Große Koalition im Bund »statt eines wirklichen Politikwandels für eine sozial und klimagerechte Gesellschaft« bevorzugen werde.

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Eher verhalten reagierte neben der Bundesvorsitzenden der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, auch der SPD-Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag, Matthias Hey, auf die Äußerung Maiers. »Berlin hat uns weder 2009 noch 2014 oder 2019 eine Empfehlung zu einer Koalition gegeben - und wir werden das auch nicht nach Berlin tun«, sagte Hey. Auf das Klima innerhalb der rot-rot-grünen Koalition in Freistaat würden Maiers Worte aber keinen Einfluss haben. Das Bündnis sei hier vielmehr damit beschäftigt, geschlossen Gespräche mit CDU und FDP zu wichtigen Zukunftsfragen zu führen.

Hennig-Wellsow gab sich betont gelassen - ein Zeichen dafür, wie sehr Spitzenpolitiker der Linken eine rot-rot-grüne Koalition im Bund wollen. »Ich bedanke mich bei Herrn Maier für die zuverlässige Arbeit, die er bisher in der Koalition in Thüringen geleistet hat«, sagte sie. »Dass er jetzt die Chance nutzt, sich zur Bundespolitik zu äußern, zeigt sein großes politisches Interesse.« Maier müsse allerdings noch daran arbeiten, politische Unterschiede auch zwischen Koalitionspartnern auszuhalten. Das gelte unter anderem für den Innenausschuss des Landtages und »vor allem dann, wenn es um die Umsetzung des Koalitionsvertrages geht«.

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