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Corona ist 30 Jahre lang abzuzahlen

Finanzministerin Katrin Lange will ab dem Jahr 2023 den Haushalt konsolidieren

  • Wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.

Es werde 30 Jahre dauern, um das Geld wieder hereinzuholen, das vom Land Brandenburg in den vergangenen beiden Jahren an Corona-Hilfen ausgereicht wurde. Dabei wisse niemand, was in Zukunft noch auf Brandenburg zukomme. Das erklärte Finanzministerin Katrin Lange (SPD) am vergangenen Montagabend vor dem Wirtschaftsforum des Bundeslandes. Immerhin dürfte in den kommenden drei Jahrzehnten nichts passieren, was ähnliche Ansprüche an die Staatsfinanzen stelle. Außerdem geht Lange nicht davon aus, dass es mit Corona im laufenden Winter vorbei sein wird. »Seltsame Zeiten«, so ihre Formulierung im Potsdamer Hotel »Dorint«, könnten »noch viel seltsamer« werden.

Ausdrücklich wies die SPD-Politikerin auf den Unterschied zwischen China mit seinen 2,3 Prozent Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr und der Lage Deutschlands, wo die Aussichten binnen eines Jahres fünfmal nach unten korrigiert worden seien. Als Schönfärberin sei sie nicht bekannt, fuhr die Ministerin fort. »Es gibt keine Anzeichen für ein Ende der Pandemie.« Lange erklärte ihren Zuhörern, dass die Steuereinnahmen Brandenburgs in den Jahren 2011 bis 2018 stärker gestiegen seien als die Ausgaben. Aber bereits ab 2019 - »also schon vor Corona« - sei ein »strukturelles Ungleichgewicht« zu verzeichnen gewesen. Dann kam die Pandemie. Steuereinnahmen brachen weg, zudem mussten gewaltige Corona-Hilfen gewährt werden. Ein kommunaler Rettungsschirm habe dem Land »massive Belastungen« abverlangt, die sich bis 2022 auf 825 Millionen Euro summieren werden. Brandenburg habe das Haushaltsjahr 2020 mit einem Minus von 1,7 Milliarden Euro abgeschlossen, das durch Kredite und Aufbrauchen von Rücklagen ausgeglichen werden musste. Solche Zustände könnten nicht langfristig der Maßstab sein für die Haushaltsführung. Ihr Ziel sei es, erklärte Lange, ab 2023 mit der Tilgung der Schulden zu beginnen. »30 Jahre wird uns das begleiten.«

An Geld »mangelt es nicht«, kennzeichnete sie die augenblickliche Situation. Aber: »Nennenswerte Reserven stehen uns in den kommenden Jahren nicht mehr zur Verfügung.« Sie plane keine exzessiven Sparhaushalte, aber doch die Konsolidierung, fuhr sie fort. Als »pingeliges Spar-Mariechen aus der Prignitz« wolle sie nicht gelten und kündigte für das neue Haushaltsjahr Investitionen in Höhe von 13 Prozent der Ausgaben an. Die Landeshaushalte würden nicht mehr ein Volumen von mehr als 14 Milliarden Euro haben, aber auch nicht nur eins von acht Milliarden, was einmal als realistische Summe gegolten hatte.

Die Ministerin drücke »auf die Tränendrüse«, sagte am Dienstag der Landtagsabgeordnete Wähler Philip Zeschmann (Freie Wähler). Man könne nicht »so tun, als seien keine Spielräume vorhanden«. Es werde etliche 100 Millionen Euro mehr Steuereinnahmen geben als ursprünglich gedacht und Tesla verzichte auf 1,1 Milliarden Euro Fördergeld für seine geplante Batteriefabrik in Grünheide, wodurch das Land Brandenburg seinen Anteil von 120 Millionen Euro spare. Damit könnte Brandenburg Straßen und Bücken sanieren, Sozialarbeiter einstellen, das beitragsfreie letzte Kitajahr vorziehen und das preiswerte Semesterticket für Studierende retten, meinte Zeschmann.

Genervt reagierte darauf CDU-Fraktionschef Jan Redmann. Zeschmann wisse doch, so sagte er, dass die von Tesla nicht abgerufenen 120 Millionen allein für Investitionen verwendet werden dürfen, also hier nun für die Sanierung der Straßen und Brücken.

SPD-Fraktionschef Daniel Keller nannte das Semesterticket eine Errungenschaft, die es zu sichern gelte. Verkehrsverbund, Infrastrukturministerium und Studierende müssten an einen Tisch kommen und darüber verhandeln.

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