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Impfe sich, wer kann
Robert D. Meyer über die beschlossene Teilimpfpflicht
Niemand sollte sich etwas vormachen: Fast alle der neuerlich vom Bundestag beschlossenen Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie haben nichts mehr mit dem weiteren Verlauf der vierten Coronawelle zu tun. Allenfalls die Möglichkeit der Schließung der Gastronomie durch die Länder ist ein Werkzeug, das vielleicht noch einen kleinen Unterschied ausmachen könnte – sofern es überhaupt irgendwo zum Einsatz kommt.
Mit der Impfpflicht für Beschäftigte in »Einrichtungen mit schutzbedürftigen Menschen« – also etwa Kliniken und Pflegeheime – blickt die Ampel-Koalition viel mehr auf das voraus, was da noch kommen dürfte. Der Virologe Christian Drosten erklärte g in einem Interview, dass die Pandemie uns auch noch 2022, womöglich sogar darüber hinaus, beschäftigen wird. Dafür vorzusorgen ist definitiv immer richtig, auch mit dem Blick zurück darauf, wie zögerlich die alte Bundesregierung über Monate agierte, was uns überhaupt erst eine derartig katastrophale vierte Welle mit aktuell täglich Hunderten Toten bescherte.
Und dann ist da auch noch die Omikron-Mutation: Sollten sich die bisher vorliegenden Daten zu Ausbreitungsgeschwindigkeit und Impfdurchbrüchen bestätigen, dann wird auch die ab Mitte März 2022 geltende Teilimpfpflicht wenig daran ändern, dass die Pandemie besonders bei Alten und Kranken noch einmal besonders heftig zuschlägt.
Dass die Impfung künftig auch in Apotheken, bei Tier- und Zahnärzt*innen möglich sein wird, ist dagegen ein überfälliger Schritt. Die Frage nach dem »Warum erst jetzt?« wird politisch aufzuarbeiten sein. Bis dazu Zeit ist, gilt: Impfe sich, wer kann. Dafür braucht es eine Bundesregierung, die energischer und ehrlicher als ihre Vorgängerin agiert. Der größte Fehler der Großen Koalition war es, Maßnahmen, darunter die allgemeine Impfpflicht, auszuschließen und keine umfassende Impfaufklärung zu betreiben. Die Lage wäre sonst heute eine andere.
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