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  • Handball-Weltmeisterschaft der Frauen

Ein Aussetzer zur rechten Zeit

Die deutschen Handballerinnen haken die Pleite gegen Dänemark schnell ab. Nur das Viertelfinale ist wichtig

  • Michael Wilkening
  • Lesedauer: 4 Min.

Auch im Sport hängt vieles von der Betrachtungsweise ab. Beim 16:32 zum Abschluss der Hauptrunde dieser Weltmeisterschaft gegen Dänemark waren die deutschen Handballerinnen weit davon entfernt, ein Medaillenkandidat zu sein. Die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) blieb chancenlos, weil sie es mit starken Kontrahentinnen zu tun hatte - und weil sie selbst schwach spielte. Vor dem Viertelfinale an diesem Dienstag gegen Gastgeber Spanien könnte das für Unruhe sorgen. Zumindest für den Fall, dass man Leistung und Resultat dieser 60 Minuten isoliert betrachtet.

Die deutsche Delegation wird jedoch einen anderen Weg wählen. Schließlich überwogen bei der WM bislang die guten Auftritte deutlich. Letztlich gab es zwei unterdurchschnittliche Auftritte - im für Turnierfortkommen weniger wichtigen Partien. Gegen die Republik Kongo reichte es trotz vieler Fehler zu einem ungefährdeten Erfolg gegen unterklassige Gegnerinnen. Und der Sprung ins Viertelfinale war dem deutschen Team bereits vor der deutlichen Packung gegen die Däninnen gewiss gewesen. »Wir sind mit zu viel Angst und Respekt vor dem Gegner aufgetreten«, sagte Bundestrainer Henk Groener. Unmittelbar nach dem Abpfiff habe er dies und andere Punkte mit seinem Team besprochen. Anschließend hakte er das Spiel ab, der Blick wurde wieder auf die Zukunft gerichtet. Es ist schließlich nicht viel passiert bei dieser Weltmeisterschaft aus deutscher Sicht. Die Frage, ob das Turnier als Erfolg oder Misserfolg gewertet wird, hängt vor allem von den anstehenden 60 Spielminuten ab.

Sollte die DHB-Auswahl gewinnen und erstmals seit 2008 das Halbfinale eines Großturniers erreichen, verkommt das 16:32 gegen Dänemark zur Randnotiz. Scheiden die Schützlinge Groeners gegen Spanien aber aus, dürfte die Pleite zum Abschluss der Hauptrunde als Beleg dafür dienen, der deutschen Mannschaft die Qualität abzusprechen, um in die internationale Spitze vorzustoßen.

»Wir werden etwas Neues in die Köpfe reinstecken«, sagte der Trainer am Montag. Möglichst schnell sollen seine Spielerinnen das Negativerlebnis abstreifen und sich mit der nächsten Aufgabe beschäftigen: dem Duell mit den Spanierinnen. »Ich denke, dass die Halle voll wird«, blickte die Co-Kapitänin Emily Bölk voraus. Der Bundestrainer spürte schon etwas Vorfreude: »Die Atmosphäre macht es ja noch mal schöner.« Die Botschaft lautete: Wir sind bereit für das wichtigste Match in diesem Turnier und lassen uns nicht nervös machen. Nicht von der Kulisse in Granollers und nicht vom Resultat gegen Dänemark.

Groener schob seine eigene Situation dabei wie schon in den vergangenen Wochen erneut in den Hintergrund. Der Vertrag des Niederländers läuft nach der WM aus. Bundestrainer und Verbandsspitze haben sich darauf verständigt, das Endresultat in Spanien abzuwarten, ehe die Entscheidung über eine künftige Zusammenarbeit gefällt wird. Klar scheint, dass Groener bei einer Halbfinalteilnahme bleiben darf. Ein vorzeitiges Ausscheiden in Vor- oder Hauptrunde hätte dagegen wenige Argumente für seinen Verbleib geliefert. Das Viertelfinale war intern die Mindestanforderung an Groener gewesen, die Vorgabe ist nun erreicht. Um Klarheit für beide Seiten zu bekommen, hilft ein Sieg in der ersten K.o.-Runde.

Nach den bisherigen Eindrücken der Weltmeisterschaft treffen die Deutschen mit Spanien auf einen Gegner, der nicht an das Niveau heranreicht, das die Däninnen bei all ihren Turnierauftritten nachgewiesen haben. Zudem traf das deutsche Team vor knapp zwei Wochen im finalen Testmatch vor dem WM-Start bereits auf die Spanierinnen und zeigte trotz der am Ende knappen 22:23-Niederlage, dass es in der Lage ist, die Gastgeberinnen zu schlagen.

Grundlage dafür muss die eigene Defensive sein, die bislang das größte Plus der Deutschen in den Tagen von Spanien war. Selbst gegen Dänemark funktionierte die Abwehr ordentlich, während die Offensive erheblich schwächelte. Nur Alina Grijseels, bislang beste deutsche Torschützin, setzte gegen die Däninnen Akzente. Emily Bölk, die zweite deutsche Rückraumspielerin mit herausragenden individuellen Fähigkeiten, erwischte hingegen einen rabenschwarzen Tag und blieb bei sieben Würfen ohne Torerfolg. »Lieber in einem Spiel, als schon beide fürs Viertelfinale qualifiziert waren, als morgen«, sagte die 23-Jährige am Montag. Bölk wirkte gelassen und wenig verunsichert nach der Niederlage. »Wir haben alle gemeinsam Spaß auf dem Feld und weiterhin eine gute Stimmung.«

Gegen Spanien wird es auf die erste Garde der DHB-Auswahl ankommen, denn in der Breite hat das deutsche Team im Vergleich zu den besten Nationen im Handball weniger Qualität. Gegen Dänemark reichte das Niveau nicht aus, gegen die Spanierinnen könnte das anders aussehen.

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