Tokajew bleibt der Punktsieger

Jetzt wird in Kasachstan scharf geschossen - ohne Vorwarnung

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 2 Min.

Vor fast genau einem Jahr hat der Präsident Kasachstans, Kassym-Schomart Tokajew, die Todesstrafe per Gesetz abgeschafft. Nun führt er sie durch die Hintertür wieder ein - er lässt den Sicherheitskräften freie Hand, Demonstrierende abzuknallen. So will er Ruhe im Land wiederherstellen, egal, wie viele Menschenleben das kostet. Die Strategie könnte aufgehen, denn die Proteste scheinen sich gelegt zu haben, auch wenn die Internetsperre nur wenig nach draußen lässt.

Die Bilanz ist schon jetzt erschreckend: mehr als 160 Tote und 6000 Verhaftete. Tokajew geht als Gewinner aus dieser Auseinandersetzung mit seinen revoltierenden Landsleuten hervor. Aber es ist nur ein Punktsieg in einem Spiel, das noch nicht zu Ende ist. Auch wenn die Wut der Menschen gewaltsam erstickt wird, die Ursachen des Protests bleiben: wirtschaftliche Ungleichheit, mangelnde politische Mitsprache und Repression.

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Da hilft auch die Entmachtung des ehemaligen Leiters des Inlandsnachrichtendienstes nicht. Und dass Tokajew ausländische Soldaten der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) ins Land holt, dürfte ihn weitere Sympathien kosten in der Bevölkerung, deren Ärger eher noch verstärken; dieser könnte sich zudem gegen die rund 3,5 Millionen Russen in Kasachstan richten. Zumal Tokajew den Beistandsmechanismus der OVKS instrumentalisiert, gilt der doch nach Artikel 4 der OVKS-Charta für Angriffe von außen - nicht für innerstaatliche Konflikte. Eine angebliche Aggression durch »ausländische Terroristen« ist auch für den kasachischen Normalverbraucher leicht als vorgeschoben durchschaubar, hat doch bislang niemand diese Kämpfer ins Land einfallen sehen. So zeichnet sich die bislang eher nebulöse »Raison d’Être« der OVKS klarer ab: Aufstände im Inland niederschlagen.

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