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  • Politik
  • Konflikt um die Westsahara

Neuer Schmusekurs mit Marokko

Das Auswärtige Amt kommt den königlichen Ansprüchen auf die Westsahara weit entgegen

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.

Im autokratischen Königreich Marokko wurde es mit Freude zur Kenntnis genommen, dass das Auswärtige Amt (AA) am 13. Januar seine Position zu Marokko, insbesondere zum Konflikt in der Westsahara »aktualisiert« hat, wie die »Maghreb-Post« vermerkt. Verwiesen wird auf bisher »belastete Beziehungen«. Marokko hatte zuletzt die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland abgebrochen. Der Posten des Botschafters in Rabat ist seit fast einem Jahr verwaist. Nun versuche die Grünen-Politikerin und neue Außenministerin Annalena Baerbock, die »Beziehungen zu Marokko neu zu interpretieren«.

Was Marokko erfreut: Die überarbeiteten Basisinformationen des AA zu Marokko sehen im »Autonomie-Plan« einen »wichtigen Beitrag« für eine Einigung im Konflikt um die Westsahara. Das AA verweist darin zwar auf die Resolution 2602 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (UN), doch diese letzte Resolution sieht weiterhin in der »Selbstbestimmung des Volkes von Westsahara« die Grundlage für eine »annehmbare politische Lösung«. Schließlich geht es um die Entkolonisierung der letzten Kolonie Afrikas. Eine UN-Mission (Minurso) sollte das Referendum über die Unabhängigkeit der Westsahara überwachen, das die Grundlage für eine Waffenruhe 1991 zwischen der Westsahara-Befreiungsfront Polisario und Marokko war.

Dass es zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen kam, war der Tatsache geschuldet, dass die Merkel-Regierung zum Entsetzen Marokkos nicht auf die Linie des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump eingeschwenkt war, der kurz vor seinem Abgang die Souveränität Marokkos über die Westsahara anerkannt hatte - gegen alle UN-Resolutionen. Unter Merkel hatte die Bundesregierung auf Basis von UN-Resolutionen auf eine »gerechte, praktikable, dauerhafte und für alle Seiten akzeptable Lösung des Konflikts« unter »Achtung des Humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte« gepocht. Noch im vergangenen März steigerte die Bundesregierung die Wut in Rabat, als sie ihre »Sorge« über Berichte zur »administrativen Benachteiligung bis hin zu strafrechtlicher Verfolgung von Personen« ausdrückte, die sich »gegen den marokkanischen Souveränitätsanspruch aussprechen«.

Einen politischen Schwenk will das AA aber nicht erkennen. Auf »nd«-Anfrage erklärt es, man unterstütze »weiterhin die Suche nach einer gerechten, dauerhaften und für alle Seiten akzeptablen politischen Lösung, wie es das Mandat der Vereinten Nationen vorsieht«. Dem AA kommt in seiner Stellungnahme das Wort Selbstbestimmungsrecht erneut nicht über die Lippen, abermals wird aber der Autonomieplan propagiert, den Rabat den Sahrauis aufzwingen will. »Der von Marokko 2007 vorgeschlagene Autonomieplan kann einen wichtigen Beitrag leisten, um einer Lösung näherzukommen.«

Der hat bisher das Gegenteil bewirkt. Dass ihm nicht klar widersprochen wurde, bestärkte Marokko im Kurs, das im Waffenruhe-Abkommen vereinbarte Referendum weiter zu verhindern. Provokationen wie auch militärische Einsätze in der entmilitarisierten Zone führten zur Aufkündigung der Waffenruhe durch die Polisario Ende 2020. Marokko provoziert auch Algerien, auf dessen Gebiet Flüchtlingslager der Sahrauis liegen. Es benennt das Land als »wahre Konfliktpartei«. Nachdem diplomatische Beziehungen abgebrochen wurden, stellte Algerien kürzlich auch die Gaslieferung an Marokko ein, nachdem ein Abkommen ausgelaufen war. Durch diese Pipeline fließt seither kein Gas mehr nach Spanien und Portugal, womit die Energieknappheit in Europa verschärft wurde.

Dass das Baerbock-Ministerium das autokratische Königreich, das angeblich »in der letzten Dekade umfangreiche Reformen« umgesetzt habe, »sowohl politisch als auch kulturell und wirtschaftlich ein wichtiges Bindeglied zwischen Nord und Süd« sieht, stößt genauso auf harsche Kritik wie der Schwenk in der Westsahara-Frage. Die Obfrau der Linksfraktion im Auswärtigen Ausschuss, Sevim Dagdelen, erklärt gegenüber »nd«: »Baerbocks Außenministerium kehrt jedwede Kritik am völkerrechtswidrigen Besatzungsregime Marokkos unter den Teppich.« Nach ihrer Einschätzung ist der Kurs des AA gegenüber Marokko »nichts als Trump-light und nutzt einzig den Profiten der Konzerne in Marokko, in der EU und Deutschland«.

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