Omikron: Jetzt sollen Oma und Opa ran

Ab Montag gilt an den Kitas in der Hauptstadt ein sogenannter eingeschränkter Regelbetrieb

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Innerhalb weniger Tage ist die Zahl der aufgrund von Corona-Fällen teilweise oder komplett geschlossenen Berliner Kitas nahezu explodiert. Nach Angaben der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie stieg die Zahl der betroffenen Standorte von 374 am Montag bis Mittwoch auf über 650. Das ist fast ein Viertel aller Kitas in der Hauptstadt. Mittlerweile nennt Jugendsenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) das Problem dann auch »flächendeckend« - und versucht gegenzusteuern.

Um, so Busse, eine »Aufrechterhaltung des Betreuungsbetriebs« zu gewährleisten, gilt ab Montag an allen Kitas der sogenannte eingeschränkte Regelbetrieb. Kern der neuen Regelung: Alle Kinder dürfen weiterhin die Kita besuchen, müssen aber in stabilen und festen Gruppen zusammengefasst werden. Ab einer Kita-Größe von mehr als 25 Plätzen sollen dabei mehrere Gruppen gebildet werden. Darüber hinaus können die Kita-Träger ab kommender Woche die Öffnungszeiten und den täglichen Betreuungsumfang auf »den bedarfsunabhängigen Rechtsanspruch« von sieben Stunden reduzieren.

Eine weitere Kann-Bestimmung in dem am Mittwoch auch an die Kita-Träger verschickten Schreiben der Jugendverwaltung betrifft den Personaleinsatz. So »können zur Überbrückung dringender Personalengpässe« auch Eltern, »Mitglieder des erweiterten Familienkreises« und »weitere Nicht-Fachkräfte, die der Gruppe oder dem Träger bekannt sind«, zur Betreuung hinzugezogen werden. Ein erweitertes Führungszeugnis muss hierfür nicht vorgelegt werden. Es genügt eine sogenannte Eigenerklärung.

Insbesondere Letzteres schlägt mit Blick auf das Thema Kindeswohlgefährdung zumindest in den sozialen Medien hohe Wellen. »Der Schutz unserer Kinder hat höchste Priorität«, erklärt Senatorin Busse am Mittwoch zum eingeschränkten Regelbetrieb. Wird das mit der Regelung konterkariert?

Nein, sagt Roland Kern vom Dachverband Berliner Kinder- und Schülerläden, in dem gut 900 Kitas organisiert sind. »Tatsächlich ist die Selbsterklärung ein wuchtiges Instrument und sogar effektiver als ein Führungszeugnis«, sagt Kern zu »nd«. Standards beim Kindeswohl würden damit »bewusst nicht heruntergesetzt«. Überdies gebe es das »seit Jahr und Tag« und habe sich bei »unerwarteten Vertretungssituationen« bewährt: »Und wir haben jetzt nun mal unerwartete Vertretungssituationen. Da können wir nicht Wochen warten, bis irgendwann ein Führungszeugnis von den Ämtern vorliegt.«

Auch in der Senatsverwaltung warnt man vor Panikmache. »Die eingesetzten Personen ersetzen die Erzieherinnen und Erzieher nicht, sondern sind zusätzliche Aufsichtspersonen«, heißt es aus dem Haus von Senatorin Busse auf nd-Nachfrage. Auch seien die Kinder »mit den eingesetzten Personen nicht alleine, es muss immer mindestens eine gelernte Fachkraft anwesend sein«.

Pascal Kaiser vom Landesverband sozialpädagogischer Fachkräfte sieht das kritischer. »Der Senat macht sich einen schlanken Fuß, wenn er jetzt die Verantwortung auf die Kitas und Erzieherinnen abwälzt«, sagt Kaiser zu »nd«. Generell gehe die Einschränkung des Betriebs »in die richtige Richtung«. Angesichts des aktuell schon enorm hohen Krankenstands in den Kitas, müsse man aber auch sagen: »Es ist wieder mal fünf nach zwölf.«

Unterdessen hat die Jugendverwaltung die Träger bereits darauf vorbereitet, dass der ebenfalls für Montag angekündigte Start der Corona-Testpflicht nicht überall realisierbar sein dürfte. Die hierfür nötigen Lolli-Tests sollen zwar ab Freitag verteilt werden. Als spätester Termin für den Beginn der Tests wird nun aber der 31. Januar genannt.

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