Kaffee wird immer teurer

In Brasilien als Hauptexportland für Arabica Kaffee herrscht seit zwei Jahren Dürre

  • Christoph Müller, Basel
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Preis für grüne Kaffeebohnen ist seit inzwischen 16 Monaten ununterbrochen gestiegen. Im Januar war Kaffee fast doppelt so teuer wie ein Jahr zuvor, wie Zahlen des Branchenverbands International Coffee Organization (ICO) zeigen.

Primär ist die Verteuerung der Kaffeesorte Arabica geschuldet, deren teuerste Variante aktuell knapp 6,50 Dollar pro Kilo kostet. Der Preis für die meist günstigere Sorte Robusta ist hingegen nur wenig gestiegen. Da die Nachfrage noch immer geringer ist als zu Beginn der Corona-Pandemie, liegt der Grund für die steigenden Preise beim Angebot: In Brasilien herrscht seit zwei Jahren Dürre. Im vierten Quartal 2021 waren die Exporte aus dem Hauptland der Arabica-Bohne ein Viertel niedriger als im Jahr zuvor.

Das zeigt sich auch an den Lagerbeständen: An den beiden wichtigsten Handelsplätzen für Kaffee, New York und London, sind diese so gering wie seit 22 Jahren nicht. Wie groß die Lagerbestände in Brasilien sind, ist allerdings unbekannt. Nicolas Rueda, Präsident des Verbands der brasilianischen Kaffeeexporteure, versichert, sie seien »groß genug, um die lokale und internationale Nachfrage zu decken«. Ein Problem seien aber die aktuellen Engpässe beim Containertransport: »Der gesamte logistische Prozess ist unausgewogen, und es wird lange dauern, bis er sich vollständig erholt hat«, sagte Rueda gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Wegen des Containermangels haben manche Exporteure begonnen, Kaffeesäcke wie vor der Containerisierung des Welthandels als Massenstückgut zu verschiffen. Manish Dhawan vom Kaffeegroßhändler Olam sagte dazu: »Wenn man mit einigen der älteren Händler spricht, war das Ende der 80er oder vielleicht Anfang der 90er Jahre, als sie das zum letzten Mal gemacht haben - also ist das auch für uns eine Art Neuland.« Heute sei diese Transportmethode eine »komplexe Operation« mit Nachteilen: Nicht alle Häfen haben die richtigen Anlagen, um die Ladung zu löschen, und auch der Weitertransport an Land ist komplizierter als bei Containern.

Wie sehr die Kaffeebauern von dem Preisanstieg profitieren, ist schwer abzuschätzen. Drei Viertel des Kaffees stammt von relativ kleinen Betrieben und nur ein Viertel von Plantagen. Eine Studie der niederländischen Entwicklungsorganisation Hivos schätzt, dass es weltweit 12,5 Millionen Kaffeebauern gibt, von denen 84 Prozent weniger als zwei Hektar bewirtschaften. Den vielen kleinen Produzenten stehen wenige Abnehmer gegenüber. Nur fünf Großhändler schlagen rund ein Drittel der weltweiten Produktion um. Ihren Sitz haben die meisten Kaffeehändler in der Schweiz. Die Mitglieder der dortigen Kaffeehändler-Vereinigung beliefern rund die Hälfte des Weltmarkts.

Auch bei den Röstereien ist die Marktkonzentration hoch: Die zehn größten haben zusammen einen Marktanteil von mehr als einem Drittel. Darunter sind bekannte Haushaltsnamen wie Nestlé, Jacobs, Starbucks, Lavazza, Melitta und Tchibo. In den Herkunftsländern des Kaffees gibt es hingegen keine größeren Röstereien, weil Kaffee aus Sicht vieler Konsumenten »frisch geröstet« sein sollte.

Die größten Margen fallen denn auch bei den Händlern und Röstereien an. Konsumenten weltweit geben zwischen 200 und 250 Milliarden Dollar pro Jahr für Kaffee aus. Davon bekommen die Herkunftsländer der Bohnen rund 20 Milliarden und die Bauern noch weniger. Seit der »Kaffeekrise« um die Jahrtausendwende gibt es diverse Versuche, die Lieferkette nachhaltiger zu machen, sowohl was die Einkommen der Bauern betrifft als auch die Umweltbelastung durch den Kaffeeanbau. Am bekanntesten sind die Zertifizierungsprogramme von Fairtrade und der Rainforest Alliance.

Mittlerweile sind 55 Prozent der globalen Kaffeeproduktion zertifiziert. Die Hivos-Studie sagt allerdings: »Trotz dieser beeindruckenden Zahl werden die direkten Vorteile für die Landwirte - wie Preisaufschläge oder Zugang zu neuen Märkten - durch die Nachfrage begrenzt.« Und diese ist deutlich geringer als das Angebot an zertifiziertem Kaffee: Im Jahr 2019 wurde rund die Hälfte davon als herkömmlicher Kaffee verkauft. Die Unterschiede unter den Röstereien sind allerdings groß. Starbucks kauft fast ausschließlich zertifizierten Kaffee und Nestlé deckt damit deutlich mehr als die Hälfte des Bedarfs ab. Bei anderen ist der Anteil des zertifizierten Kaffees hingegen oft sehr klein.

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